Chongqing in China ist eine dieser Städte, die sich nur schwer in Worte fassen lässt. Mit über 30 Millionen Einwohnern gleicht sie eher einem eigenen Universum. Hier ragen Wolkenkratzer wie futuristische Stalaktiten in den Himmel. Der Jangtse und der Jialing fließen gemächlich durch das Häusermeer und nachts leuchtet die Skyline wie ein Neontraum. Und dann, ganz unerwartet, stolpert man in eine verwunschene Welt, die so gar nichts mit all dem Hochhausglanz zu tun hat: Ciqikou Ancient Town, die Altstadt von Chongqing.
Wer durch ihre engen Gassen schlendert, fühlt sich wie auf einer Zeitreise. Plötzlich sind hupende Taxis, die Metro, die sich durch Hochhäuser bohrt, und das niemals endende Gewusel verschwunden. Stattdessen taucht man in ein Dorf vergangener Jahrhunderte ein, in dem rote Lampions im Wind flattern und der Geruch von scharfem Streetfood durch die Straßen zieht. Wer Chongqing besucht, sollte daher auch unbedingt einen Spaziergang durch die zauberhaften Gassen von Ciqikou Ancient Town machen. Einem Ort, der wie aus einer Filmkulisse entsprungen zu sein scheint.




Die Altstadt von Chongqing:
Ein Spaziergang durch die Gassen von Ciqikou Ancient Town
#1 Ein Dorf mit Geschichte
Ciqikou bedeutet „Porzellan-Hafen“ und genau das war es einst, denn der Ort war bekannt für seine Porzellanproduktion. Bereits während der Ming- und Qing-Dynastie war das Dorf für seine Keramikproduktion bekannt. Händler und Handwerker siedelten sich hier an und die Gassen waren voller Werkstätten, Teehäuser und kleiner Geschäfte.
Später wurde Ciqikou zu einem wichtigen Umschlagplatz für Salz, ein Geschäft, das die Region reich machte. Heute ist das Dorf die Altstadt von Chongqing und Teil des riesigen Stadtgebietes. Der alte Kern hat sich jedoch erstaunlich gut gehalten, auch wenn er mittlerweile vor allem eine Mischung aus Touristenattraktion, Kulturdenkmal und Food-Paradies ist.





#2 Ein Meer aus Laternen und Gassen
Die Altstadt besteht aus einem Gewirr enger Gassen, die sich zwischen kleinen Hügeln hinauf- und hinabschlängeln. Links und rechts stehen traditionelle Holzhäuser mit geschnitzten Balkonen. Aus jeder Tür dringt ein neuer Duft: gebratene Auberginen, gegrillte Spieße oder frisch frittierte Süßigkeiten. Die Gassen sind geschmückt mit Sonnensegeln, roten Laternen, Wimpeln oder gar Drachen, die sich über die Köpfe der Besucher:innen hinwegschlängeln.
Dazwischen sitzen alte Männer mit langen Bärten auf niedrigen Holzstühlen, Kinder spielen Verstecken und irgendwo klimpert jemand auf einer Pipa, dem chinesischen Lauteninstrument. Ciqikou ist natürlich kein Geheimtipp mehr, denn gerade an Wochenenden strömen Heerscharen von Einheimischen durch die Gassen. Aber genau das macht auch den Reiz aus: Man wird Teil eines lebendigen, lauten und manchmal chaotischen Gesamtkunstwerks.







#3 Streetfood-Paradies
Für Foodies ist die Altstadt ein einziges Schlaraffenland. Chongqing ist berühmt für seine feurige Sichuan-Küche, und in Ciqikou bekommt man sie in all ihren Variationen serviert.
- Ma La Spieße: kleine Fleisch- und Gemüsespieße, die in scharfer Brühe gekocht und dann mit Chiliöl übergossen werden.
- Huoguo: Mini-Versionen des berühmten Chongqing-Hotpots, perfekt zum Durchprobieren.
- Douhua: Seidentofu mit würziger Sauce – gleichzeitig cremig und feurig.
- Jianbing: eine Art chinesischer Crêpe, gefüllt mit Ei, Gemüse und knusprigen Chips.
- Tanghulu: kandierte Früchte am Spieß, die im Sonnenlicht wie kleine Juwelen glänzen.
Es ist fast unmöglich, hier nicht alle paar Meter stehen zu bleiben und etwas Neues zu probieren. Wer empfindlich auf Schärfe reagiert, sollte allerdings vorsichtig sein. „Mild“ bedeutet in Chongqing ungefähr das, was in Europa als „sehr scharf“ gilt ;).
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#4 Stilecht Tee trinken
Ein weiteres Highlight sind die traditionellen Teehäuser in Ciqikou, die seit Jahrhunderten bestehen. Manche sind einfache Holzbuden mit wackeligen Stühlen, andere sind kleine Gärten mit Bambusmöbeln. Hier treffen sich vor allem die älteren Generationen, um Mah-Jong oder Karten zu spielen und die Zeit stillstehen zu lassen.
Wer sich hier niederlässt, sollte unbedingt den Jasmintee aus Chongqing probieren. Er schmeckt frisch, leicht und blumig. Das Schöne ist, dass man oft nur für das erste Kännchen zahlt und danach das Wasser immer wieder nachgefüllt wird. Eine Stunde in einem dieser Teehäuser ist wie Meditation: Man beobachtet, nippt am Tee und atmet durch.







#5 Zwischen Nostalgie und Moderne
Was mich an der Altstadt von Chongqing am meisten fasziniert hat, war dieser Spagat: Einerseits wirkt Ciqikou wie eine liebevoll restaurierte Theaterbühne, die an alte Zeiten erinnert. Andererseits leben dort Menschen, die hier ihren ganz normalen Alltag führen.
Chongqing ist eine Metropole, die sich in atemberaubendem Tempo verändert. Ganze Stadtviertel verschwinden und neue Hochhaus-Skylines wachsen aus dem Boden. Daher ist es sicher nicht leicht, den historischen Charme der Altstadt zu bewahren. In dieser Dynamik ist Ciqikou jedoch immer noch ein Stück altes China, das sich inmitten des Fortschritts behauptet. Vielleicht ist es genau das, was diesen Ort so besonders macht: Er erzählt Geschichten von Gestern und Heute gleichzeitig.
#6 Tipps für einen Besuch
- Beste Zeit: Unter der Woche ist es deutlich ruhiger, am Wochenende kann es sehr voll werden. Abends lohnt sich ein Besuch besonders wegen der stimmungsvollen Laternen.
- Anreise: Ciqikou liegt am Jialing-Fluss, etwa 15 Kilometer vom Zentrum entfernt. Am einfachsten kommt man mit der Metro (Linie 1, Station „Ciqikou“) dorthin. Von dort sind es nur ein paar Minuten zu Fuß. Alternativ nimmt man einfach ein DIDI.
- Zeit einplanen: Für einen Bummel mit Teepause sollte man mindestens 3–4 Stunden einplanen. Wer auch Tempel besuchen und wirklich eintauchen will, kann auch locker einen ganzen Tag hier verbringen.
- Souvenirs: Neben Porzellan gibt es handgemachte Süßigkeiten, getrocknete Chili-Mischungen, unzählige Teesorten, handgefertigte Bilder oder kleinen Schnickschnack zu kaufen. Wir waren dort jedenfalls ausgiebig shoppen.





Mein Fazit:
Chongqing kann überwältigend sein, denn die Stadt ist einfach riesig, laut und voller Extreme. Und gerade deshalb ist ein Abstecher nach Ciqikou so besonders. Die Altstadt ist ein Ort, an dem man für ein paar Stunden durchatmen, Geschichte spüren und dabei auch die Seele der Stadt ein bisschen besser verstehen kann. Denn Chongqing ist nicht nur Megacity und Hochhaus-Spektakel. Es ist auch Tee in kleinen Schalen, das Lachen von Kindern in engen Gassen, das Knirschen von gebrannten Süßigkeiten zwischen den Zähnen und das Flackern roter Laternen im Abendlicht.
Und wenn man in einer der Gassen steht, den Blick über alte Holzbalkone schweifen lässt und im Hintergrund den Klang einer Pipa hört, dann merkt man: Auch in einer 30-Millionen-Metropole gibt es noch kleine Oasen der Zeitlosigkeit.
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