Familienreise nach Polen

Tipps und Anregungen für einen Roadtrip mit Kindern

by nadine

„Ihr reist mit eurem Auto durch Polen? Na, dann passt mal schön auf eure Karre auf. Haha!“ Das war in etwa der Tenor, als wir im Sommer 2019 unseren Roadtrip durch Dänemark, Schweden und Polen machten. Wir guckten meist irritiert, denn für uns war klar, das auch Polen nicht im Jahr 1989 stehen geblieben ist. Da wir aber bis dato wenig Reiseerfahrung in Osteuropa gesammelt hatten, waren wir dann auch wirklich ziemlich gespannt, ob die üblichen Klischees stimmen würden.

Tatsache ist, dass wir sehr positiv überrascht wurden und ein modernes Land mit hübschen Städten, freundlichen Menschen und wunderschönen Landschaften vorfanden. Das mobile Internet hat fast überall 1A funktioniert und selbst an Marktständen konnten wir kleine Beträge ganz einfach mit unserer EC-Karte bezahlen. Zwei Punkte, in denen uns unser Landnachbar schon mal eindeutig voraus ist ;). Im heutigen Beitrag findet Ihr daher jede Menge Tipps und Anregungen für eine kleinen Roadtrip durch das abwechslungsreiche Polen.

[aktualisierter Beitrag vom Sommer 2019]

Familienreise nach Polen:

Tipps und Anregungen für einen Roadtrip mit Kindern

#1 Anreise und Straßenverhältnisse

Unseren Landesnachbarn Polen mit dem eigenen Auto zu erreichen ist leicht. Es gibt insgesamt 17 Grenzübergänge die Deutschland mit Polen verbinden. Und da Polen ja nun zur EU gehört, könnt ihr mit einem deutschen Pass einfach ein- und ausreisen. Ein Reisedokument (Reisepass oder Personalausweis) muss beim Grenzübertritt jeodch immer mitgeführt werden.

Wir haben auf der Rückreise die Grenze bei Frankfurt an der Oder überquert. Auf der Hinreise sind wir jedoch mit der Fähre vom schwedischen Karlskrona in die Hafenstadt Gdynia bei Danzig gereist. Von dort aus führte uns unser Roadtrip von Danzig nach Leba an der Ostsee und weiter nach Toruń und Posen bis nach Berlin. Die genaue Strecke könnt ihr euch hier anschauen.

Negativ aufgefallen ist uns in Polen der unglaubliche Verkehr. Auf der Strecke von Danzig nach Leba standen wir gefühlt nur im Stau und die Straßenverhältnisse machten ein Fortkommen auch nicht gerade komfortabel. Die polnische Autobahn (Autostrada) verbindet jedoch die größten Städte und auf diesen kommt man gut voran. Die Autobahnen A1, A2 und A4 sind in Polen für alle Fahrzeuge gebührenpflichtig und die Höchstgeschwindigkeit auf polnischen Autobahnen beträgt 140 km/h.

Im Übrigen hatten wir mit unserem schrabbeligen Skoda null Probleme und nicht einmal Sorge, dass dieser gestohlen werden könnte. Ehrlich gesagt, fuhren nämlich fast alle teurere und größere Autos als wir ;). Ich habe von mehreren Leuten über Instagram jedoch erfahren, dass es mit manchen Autos de facto Probleme gibt. Mit einem SUV, Porsche, Landcruiser und Co. würde ich den Versuch dann also vielleicht doch besser nicht wagen.

#2 Historische Städte mit Hipster Flair

Historische Städte wie Danzig, Toruń und Posen haben uns wirklich sehr begeistert, denn sie sind wunderschön, modern und traditionsreich zugleich. Verstaubten Ostblock-Charme und Plattenbauten findet man eigentlich nur noch in den Vorstädten.

#2.1 Danzig

Danzig war am Ende des Krieges vollkommen zerbombt, wurde danach jedoch originialgetreu wieder aufgebaut. Heute ist die Stadt so bezaubernd hübsch, dass wir uns zeitweise wie in einer Disneyland-Kulisse vorkamen. Die Altstadt ist wunderschön und auch der Flusshafen, lädt sowohl Einwohner als auch Touristen, zum Flanieren ein. Ständig findet irgendwo ein Markt statt, wo ihr lecker essen und polnisches Kunsthandwerk kaufen könnt.

In den wunderschönen Altbauten verbergen sich oft hippe Restaurants und gemütliche Cafés und bieten köstlichen Kaffee, bunte Buddha Bowls, Wonder Waffles oder trendig aufgemotzte Piroggen an. Nur nette Geschäfte muss man in den Innenstädten eher suchen. Diese findet man dafür in den riesigen, hypermodernen Shoppingmalls am Stadtrand.

#2.2 Toruń

Auch die mittelalterliche Stadt Toruń an der Weichsel ist extrem hübsch und unbedingt einen Besuch wert. Toruń wurde von Mitgliedern eines Deutschen Ordens im 13. Jahrhunder gegründet und ihre gotische Altstadt gehört zum UNESCO-Welterbe. Ihr werdet im Übrigen überall in der Stadt an den berühmtesten Bürger Toruńs erinnert, den Astronomen Nikolaus Kopernikus, der dort 1473 geboren wurde. Berühmt ist auch der Toruńer Lebkuchen, eine besondere Spezialität der Stadt, die es gefühlt überall zu kaufen gibt.

#2.3 Posen

Posen liegt nur 270 km von Berlin entfernt und ist daher ein perfekter Stop auf dem Roadtrip. Warum die Stadt nicht längst Wochendziel der Berliner ist, war mir nicht ganz klar. Denn in Posen kann man super shoppen und auch die im Renaissancestil erbauten bunten Gebäuden in der Innenstadt sind ein absoluter Hingucker. Bei Antje von Weltenkundler findet ihr viele tolle Tipps für Posen.

#3 Traumhafte Strände und imposante Wanderdünen

Die polnischen Ostseestrände sind endlos lang und z.T. traumhaft schön. Um die chilligen Ecken zu finden, sollte man jedoch etwas Abstand zu den polnischen Strandorten halten. Die Polen scheinen nämlich ein etwas anderes Verständnis für Urlaubsidylle zu haben – Zumindest als wir ;).

#3.1 Der Strandort Leba

Wir waren ein paar Tage im Örtchen Leba, den wir ehrlich gesagt etwas abschreckend fanden. Das einst romantische Fischerörtchen muss man im Sommer suchen, denn dann ist es laut und komplett überfüllt. Wer auf Blingbling, skurrile Animation und Kirmesfeeling steht, wird hier jedoch sein Glück finden. Zum Glück hatten wir mit dem Apartamenty Pogodna* aber eine sehr nette Unterkunft, die ich euch ans Herz legen kann. Falls es euch mal nach Leba verschlagen sollte ;).

Sobald man die Tore von Leba verlässt, steht man gefühlt in der Pampa. Wälder so weit das Auge reicht. Tatsächlich habe ich dann von einem Einheimischen auch einen echten Geheimtipp für einen Strand bekommen, den wir so nie gefunden hätten. Man musste nämlich erstmal 1,5 km durch sandige Kiefernwälder laufen, um zu diesem Paradies zu gelangen. Absolut malerisch, endlos lang, blendend weiß und weit entfernt von überlaufen. Genau so hatte ich mir das vorgestellt. Ihr werdet diesen Geheimtipp sicher finden, wenn Ihr sucht ;).

#3.2 Das UNESCO Biosphärenreservat Slowinsky Nationalpark

Nahe Leba liegt zudem das UNESCO Biosphärenreservat Slowinsky Nationalpark. Wer die Dune du Pilat bei Arcachon in Frankreich kennt (guckt ihr hier), wird vielleicht nicht mehr so beeindruckt sein. Aber das polnische Pendant ist auf jeden Fall auch sehr sehenswert.

Die Kosten für die Parkgebühren, den Eintritt und die Fahrt mit dem Elektrobus sind für polnische Verhältnisse relativ hoch. Da sich die Strecke (hin und zurück 10 km) vom Eingang des Nationalparks bis zu den Dünen jedoch endlos zieht, empfehle ich mit Kindern trotzdem den kostenpflichtigen Bus zu nehmen. Alternativ kommt man nur noch mit dem Fahrrad dorthin.

#4 Unberührte Natur und polnische Kultur

Außerhalb der Städte betritt man eine andere Welt. Die Straßen sind z. T. kopfsteingepflastert, man fährt durch unendliche Baumalleen, Wälder, Wiesen und Felder. Hin und wieder kleine Dörfer, alte Gutshöfe, historische Holzkirchen und viele Störche. Am Straßenrand stehen alte Leute die gesammelte Pilze, eingelegte Gurken oder Obst und Gemüse aus ihrem Garten verkaufen. Das einstige Westpreußen erinnerte mich sehr an Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vor ca. 20 Jahren.

#5.1 Der Wielkopolski Park Etnograficzny

Einen kleinen Eindruck der polnischen Kultur erhaltet ihr im Übrigen im Wielkopolski Park Etnograficzny, den ich euch sehr ans Herz legen kann. Das wunderschöne Freilichtmuseum liegt in der Nähe von Posen und spiegelt die ereignisreiche Geschichte Polens sehr gut wider. Die Grenzen Polens haben sich über die Jahrhunderte nämlich immer wieder verschoben und daher war das Land, genetisch gesehen, bis zum 2. Weltkrieg ein Vielvölkerstaat.

Interessant zu wissen: Über viele Epochen lebten ethnische und religiöse Minderheiten sowie Deutsche, Ukrainer, Weißrussen und Juden in Polen. Diese genetischen Unterschiede machen sich bis heute im unterschiedlichen Aussehen der Bevölkerung bemerkbar. Die Provinz Westpreußen lag zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches z.B. im Nordosten des Deutschen Reichs und grenzte an Ostpreußen, Posen und Pommern.

Da mein Opa aus Danzig-Westpreußen kam, war unser Trip für mich auch gleichzeitig eine spannende Reise in meine Familiengeschichte. Ich trage nämlich 25 % polnische und baltische Gene in mir und fühlte mich irgendwie auch auf Anhieb mit dieser Ecke der Welt verbunden ;).

#6 Polnische Kulinarik

Wenn uns in Polen eins in Erinnerung bleiben wird, dann auf jeden Fall das großartige Essen. Die Küche ist zwar deftig und beinhaltet oft Fleisch, aber auch Vegetarier werden in Polen glücklich. Gerade Piroggen (gefüllte Teigtaschen) hatten es uns sehr angetan. Es gibt sie in allen möglichen Versionen, gefüllt mit Blaubeeren, Kartoffeln, Sauerkraut, Käse oder Fleisch. Einmal täglich musste für unsere Kinder natürlich ein Lodi (Softeis) sein, dass zu spektakulär hohen Türmchen geformt wird.

Die Wochenmärkte bieten im Sommer zudem eine schier unglaubliche Hülle und Fülle an heimischem Obst und Gemüse. Dann biegen sich die Verkaufsstände unter allen möglichen Beerensorten, riesigen Tomaten, Pilzen, Rüben, Gurken etc. Eine ähnliche Auswahl findet man in Deutschland wohl nur in teuren Feinkostabteilungen oder auf dem Viktualienmarkt.

#7 Geringe Reisekosten

Da man in Polen immer noch mit dem Zloty bezahlt, macht sich dies in der Reisekasse auf jeden Fall bemerkbar. Stand 2023 sind 4,4 Zloty in etwa 1 €. Dadurch sind die Preise (noch) günstig. Gerade in den Supermärkten wie z.B. Biedronka bezahlt man z. T. nur die Hälfte und die Auswahl an Lebensmitteln ist wirklich riesig. Nur für „westliche Produkte“ zahlt man in etwa den gleichen Preis wie bei uns. In normalen Restaurants kostet ein Hauptgericht ca. 4 bis 7 Euro pro Person. Nur an den zentralen Touristenplätzen und in gehobeneren Restaurants zahlt man Preise wie bei uns.

#8 Moderne Unterkünfte

Da ich ein Faible für hübsche Unterkünfte habe, hat mich Polen in dieser Hinsicht ebenfalls extrem positiv überrascht. Gerade in den Städten gibt es eine sehr große Auswahl an schnieken und zugleich bezahlbaren Unterkünften. In Danzig haben wir superzentral in dem kleinen Altstadt Apartament Przy Żurawiu* gewohnt. In Torun ebenfalls sehr zentral im Apartamenty Europa* und in Posen in den brandneuen Near Apartments*. Alle Unterkünfte haben wir selber bezahlt und ich kann sie uneingeschränkt empfehlen.

Ein persönlicher Nachtrag (2019 versus 2023)

Das Thema Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fand ich 2019 schwierig, als Tourist bekam man davon aber nicht wirklich etwas mit. Leider ist der Rechtsruck ja überall auf der Welt ein Thema, dies sollte einen aber nicht davon abhalten, sich ein eigenes Bild zu machen. Sonst müsste man nämlich extrem viele Länder, in denen sich der Populismus ausbreitet, auf den Reiseindex setzen.

Ich bin immer für Gespräche zwischen den Menschen – Ob vor der Haustüre, beim Landesnachbarn oder am anderen Ende der Welt. Denn nur das trägt dazu bei, Vorurteile abzubauen und die Mauern in den Köpfen der Menschen niederzureißen. Dass sich Polen im Oktober 2023 mit der Wahl der liberalkonservativen Bürgerkoalition wieder mehr der EU zuwendet, freut mich persönlich sehr. Denn Polen ist ein tolles Reiseland, mit gastfreundlichen Menschen und einer abwechslungsreichen Kultur inmitten unseres bunten Europas.

PIN IT AND SAVE IT FOR LATER!

Weitere spannende Reiseinspirationen für Polen findet ihr hier:

Viermalfernweh: Ein Kurztrip ins Riesengebirge – Winterfreuden abseits der Skipiste

Teilzeitreisender: Kulturhauptstadt Breslau – ein junges, kreatives Polen erleben

Habt ihr noch Fragen zu Polen? Dann gerne her damit! Für uns war das auf jeden Fall nicht unsere letzte Reise in unser Nachbarland. Wir fanden es wirklich toll und beim nächsten Mal würden wir gerne Warschau, Krakau, Breslau und die Hohe Tatra sehen.

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4 comments

Tanja 23. Januar 2020 - 8:08

Das sieht ja wirklich toll aus. Ich muß gestehen, dass ich Polen bisher nicht auf dem Schirm hatte und zu denen gehöre, die eher noch tristen Ostmuff im Kopf haben. Keine Ahnung warum. Aber wird wohl mal Zeit das zu ändern. Viele Grüße, Tanja

Reply
Julia 24. Januar 2020 - 9:53

Hallo,
das mti der Autosicherheit ist so ein Klischee. Ich komme ursprünglich aus Polen und kann mit gutem Gewissen sagen, dass die guten Autos in Polen genauso oft geklaut werden wie in Hamburg 😀 In Hamburg überlegt man 2 mal ob man ein neues Auto im Park abstellt. Und den mittelklassigen Wagen in Polen zu klauen lohnt sich angeblich nicht mehr… Zusammenfassend: Ihr braucht Euch da keine Gedanken machen 🙂

Ansonsten kann ich Wroclaw empfehlen – da pulsiert das Leben. Und natürlich die Ostsee Küste. Östlich von Gdansk kann man Bernstein sammeln. Westlich von Gdansk hat man schöne Dünnen (aber Swinoujscie meiden. Da sind die Preise wg den deutschen Turisten sehr hoch!)

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Christina Burkhardt 29. Januar 2020 - 12:15

Sollen sie nur alle mit Klischees um sich werfen, ich finde Polen fabelhaft. Da hast Du ganz recht. Wenn ich Deine Bilder aus Danzig und aus der Natur sehe, bekomme ich gleich Lust, wieder hinzudüsen. Und die Suppe im Brotlaib. Mjam. Wobei ich die vor allem aus Slowenien kenne…
Danke fürs Fernweh wecken, Nadine.
Viele Grüße, Christina

Reply
nadine 3. Februar 2020 - 14:40

Liebe Christina, es gibt mit Sicherheit Klischees die zutreffen. Auch für Deutschland. Aber das sollte einen nicht davon abhalten, sich seine eigene Meinung zu bilden. Wir fanden Polen toll und werden auf jeden Fall wieder hinreisen. Jetzt durchstöbere ich aber erstmal Deine Beiträge über dass Baltikum ;). GlG, Nadine

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