Achtung! Dieser Beitrag enthält Ironie und möge mit einem Augenzwinkern gelesen werden ;).
Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt einen Bericht über unsere Reise auf die Azoren schreiben soll. Nachdem ich drei Bilder ohne Geotag oder Hashtags auf Instagram gepostet hatte, bekam ich nämlich direkt zig Anfragen, wo ich denn wäre und ob ich bitte baldmöglichst darüber schreiben könne. Verständlicherweise! Die Azoren sind nämlich ein absolutes Naturparadies und wunderschön. In Zeiten von Klimawandel und Overtourism möchte ich als Reisebloggerin die Lage jedoch nicht noch weiter verschlimmern. Gerade Inseln geraten sehr schnell an ihre touristischen Grenzen, und die Azoren würden einen Ansturm mit Sicherheit nicht verkraften. Es ist also immer wieder eine Gradwanderung.
Da viele Menschen aber ein völlig falsches Bild von den Azoren haben oder gar nicht wissen, wo diese liegen, möchte ich heute mal aufklären. So traumhaft die Azoren auch sind, es gibt auch genug Gründe, nicht dorthin zu fahren. Jedenfalls sind sie eindeutig nicht für jeden der perfekte Urlaubsort. Im Übrigen sind meine Eindrücke im Oktober entstanden. In der Hauptsaison von Mai bis September sieht die Lage sicher noch einmal anders aus.





Die portugiesischen Azoren:
10 Gründe, warum ihr NICHT dorthin reisen solltet
- Die portugiesischen Azoren:
- 10 Gründe, warum ihr NICHT dorthin reisen solltet
- #1 Man erreicht die Azoren nur per Flugzeug
- #2 Das berühmt-berüchtigte Azorentief
- #3 Es herrscht Hurrikan Gefahr
- #4 Die Strände sind weder bade- noch kinderfreundlich
- #5 Touristische Infrastruktur? Außerhalb der Hauptstadt leidlich.
- #6 Nix für Partypeople und Shoppingqueens
- #7 Tierwohl hat hier eine andere Bedeutung
- #8 Ziel des Insta-Hypes
- #9 Kulinarische Highlights? Muss man suchen.
- #10 Straßenverhältnisse? Gut bis gruselig.
- #11 Was haben wir auf den Azoren gemacht?
- #12 Mein Fazit bzw. ein guter Gund für die Azoren!
- 10 Gründe, warum ihr NICHT dorthin reisen solltet
#1 Man erreicht die Azoren nur per Flugzeug
Die Azoren bestehen aus insgesamt neun Inseln, die mitten im Atlantik liegen. Sie sind ca. 1500 km von Portugal und ca. 3500 km von Nordamerika entfernt. Man ist also wahrlich im Nirgendwo. Das hat zur Folge, dass die Azoren nicht per Fähre, sondern nur per Flugzeug erreichbar sind. Auch die einzelnen Inseln liegen teilweise bis zu 600 Kilometer auseinander und sind nur mit Azores Airlines schnell erreichbar. Es gibt zwar auch Fähren zwischen den Inseln, diese verkehren jedoch nur unregelmäßig und die Anreise dauert mitunter bis zu acht Stunden. Im Übrigen gibt es auch ab Boston Direktflüge nach São Miguel, weshalb dort recht viele Amerikaner Urlaub machen.
Von Deutschland aus kommt man aktuell nur mit TAP über Lissabon dorthin. Ansonsten fliegt Ryanair von April bis Oktober auch direkt von Frankfurt-Hahn nach Ponta Delgada. Normalerweise lege ich Ryanair nicht gerne ans Herz, aber zumindest spart ein Direktflug an dieser Stelle CO₂ ein.
Persönlicher Hinweis: Unseren Flug über Lissabon nach Ponte Delgada habe ich im Übrigen mit atmosfair kompensiert. Meinen CO2 Fußabdruck kann ich damit nicht wieder gut machen, aber ich versuche zum Ausgleich zumindest in klimafreundliche Projekte zu investieren: atmosfair Zertifikat
#2 Das berühmt-berüchtigte Azorentief
Als ich sagte, dass wir auf die Azoren reisen würden, meinten viele Leute: „Ach, dann könnt ihr vor dem Winter ja noch einmal richtig Sonne tanken.“ Fakt ist jedoch, dass auf den Azoren dauerhaft Aprilwetter herrscht und es genauso regnerisch, kühl und wechselhaft ist wie in Irland. Das berühmt-berüchtigte Azorentief hat seinen Namen schließlich nicht umsonst bekommen. Durch den ständigen Regen explodiert hier die Natur und es gibt alle Schattierungen von Grün.
Wir waren im Oktober auf der Hauptinsel São Miguel und die Tagestemperaturen lagen bei etwa 18 bis 22 Grad und nachts bei 15 Grad. Ohne Regenjacke und Pullover konnte man das Haus eigentlich nicht verlassen, denn vier Jahreszeiten an einem Tag sind völlig normal. Ein heftiger Regenschauer kann jederzeit kommen und wir mussten auch eine Wanderung abbrechen, weil es aus Kübeln schüttete. Richtig kalt wird es dank des Golfstroms jedoch nie. Das Klima ist ozeanisch-subtropisch, was milde Winter und warme Sommer zur Folge hat. Wärmer als 26 °C wird es jedoch auch in der Hauptsaison von Mai bis September fast nie.






#3 Es herrscht Hurrikan Gefahr
Zehn Tage vor unserem Reisestart traf Hurrikan „Lorenzo” mit der höchsten Kategorie fünf auf die Azoren. Er brachte 20 Meter hohe Wellen und extreme Sturmböen mit sich, die einige Schäden anrichteten. Dieser Hurrikan war sehr ungewöhnlich, denn normalerweise kommen sie nicht so weit in den Osten. Der Klimawandel macht’s jedoch möglich, und die Azoren werden wohl auch in Zukunft immer häufiger von solchen Naturgewalten betroffen sein. Wir wussten anfangs nicht, ob wir unsere Reise antreten können, aber zum Glück richtete Lorenzo seine Verwüstungen nur auf kaum bewohnten Inseln an. Sao Miguel hat er weitestgehend verschont.
#4 Die Strände sind weder bade- noch kinderfreundlich
Die Azoren bestehen hauptsächlich aus Steilküste und ihre wenigen Strände sind nicht unbedingt als Badeparadiese bekannt. Da die Inseln vulkanischen Ursprungs sind, sind die Strände oftmals grau bis schwarz. Zudem fallen sie steil ins Meer ab und werden von starken Strömungen und sehr hohen Wellen heimgesucht. Im Oktober habe ich definitiv die höchsten Wellen meines Lebens gesehen und an Baden war absolut nicht zu denken. Ich hatte teilweise sogar Angst, mit den Kindern am Strand entlangzulaufen.
Es gibt auch kleinere Buchten mit halbwegs badetauglichen Stränden, die man aber wegen kaum vorhandener Parkmöglichkeiten nur sehr schlecht erreicht. Wir hatten im Oktober Glück, aber es war auch sehr ruhig auf der Insel. Alternativ kann man die kostenlosen Meerwasserpools nutzen, die es in vielen Küstenorten gibt. Das Wasser ist jedoch immer kalt und auch hier muss man genau auf Ebbe und Flut achten.
Ein weiterer Punkt, der uns leider extrem negativ aufgefallen ist: Die Strände der Azoren sind voller Müll, der mittlerweile aus Milliarden Mikroplastikteilchen besteht. Müll zu sammeln ist hier leider nicht mehr möglich, es sei denn, man möchte den ganzen Strand durchsieben.





#5 Touristische Infrastruktur? Außerhalb der Hauptstadt leidlich.
Die Infrastruktur von São Miguel ist in der Hauptstadt Ponta Delgada sehr gut ausgebaut. Es gibt Cafés, Restaurants, Geschäfte, mehrere große Supermärkte und sogar eine Shopping-Mall. Die Preise in den Supermärkten sind im Übrigen überraschend niedrig, sodass es dort günstiger ist als bei uns. Ponte Delgada hat knapp 18.000 Einwohner und ist damit überschaubar, bietet aber alles, was man braucht. Das liegt mit Sicherheit auch am großen Kreuzfahrtterminal, an dem unter anderem regelmäßig die AIDA anlegt.
Außerhalb von Ponta Delgada wird es jedoch schwieriger. Bei Tagesausflügen sollte man sich daher Vorräte mitnehmen, da es nicht immer möglich ist, einen Supermarkt zu finden. Und die sind mitunter auch nur sehr spärlich ausgestattet. Dafür gibt es auf der ganzen Insel die schönsten Picknick-Spots. Auch Restaurants findet man nicht immer und überall, und im Oktober sind einige von ihnen ganz geschlossen. Auf Google Maps und die Öffnungszeiten im Internet kann man sich auf den Azoren jedenfalls nicht verlassen. Wir standen des Öfteren vor verschlossenen Türen.
#6 Nix für Partypeople und Shoppingqueens
Sao Miguel hat mich an Portugal in den 1990er Jahren erinnert. Die Insel ist wirklich noch sehr ursprünglich und wurde bisher vom Massentourismus verschont. Wie es auf den noch weniger frequentierten Inseln aussieht, weiß ich nicht. So sollte es jedoch möglichst auch bleiben. Souvenirbuden oder spezielle Touristen-Etablissements findet man kaum. Wer auf die Azoren fährt und Party- sowie Shopping-Highlights sucht, wird sie also nicht finden. Die Azoren besucht man wegen ihrer Natur, die man am besten wandernd entdeckt.
#7 Tierwohl hat hier eine andere Bedeutung
Ein Bild lässt mich nicht los. Wir waren die einzigen Touristen auf einer azoreanischen Erntedankfeier. Es war ein lockeres, heiteres Fest für alle Beteiligten – nur nicht für die Tiere. Enten und Hühner wurden in winzige Käfige zusammengepfercht und verletzten sich in Panik gegenseitig. Zwei Kälbchen standen zitternd an einen Stein angebunden inmitten einer lärmenden Menschenmasse. Ihr Schicksal ungewiss.
Ich nehme an, dass sie an die Höchstbietenden verkauft und anschließend geschlachtet wurden. Ähnliche Bilder habe ich auch auf Märkten in Portugal in den 90er Jahren gesehen. In Zeiten der Massentierhaltung müssen wir nicht darüber diskutieren, dass solche Dinge hierzulande ständig passieren. Ich kann sie jedoch nicht gut ertragen.


#8 Ziel des Insta-Hypes
Gebt auf Instagram mal den Hashtag „Azoren” ein. Dann werdet ihr unzählige gehypte Bilder von „Instagram-Sternchen” sehen. Die Azoren sind für Instagrammer the Place-to-be, und wir durften das Foto-Spektakel wieder einmal live miterleben. Man lässt seine Drohne über den Wasserfall fliegen und sich fotografieren, während man so tut, als würde man gerade ein erfrischendes Bad nehmen. Blöderweise gucken dabei nur 30 andere Menschen entnervt zu. Andreas von Reisewut hat gerade einen sehr treffenden Bericht über den Instagram Overtourism geschrieben, dem ich leider nur beipflichten kann.

#9 Kulinarische Highlights? Muss man suchen.
Schon auf unserem Portugal-Roadtrip 2015 fanden wir das portugiesische Essen nicht sonderlich spektakulär. Auf den Azoren war es dann noch leidlicher. Die Mahlzeiten bestehen fast nur aus Fisch oder Fleisch, für Vegetarier gibt es kaum Auswahl. Selbst die Standardgerichte sind meist überschaubar. Ein Stück Fleisch und Pommes, das war’s. Gemüse muss man suchen, auch wenn es dort sicher in Massen wächst.
Dafür haben mittlerweile überall Pizza und Burger Einzug gehalten. Während meine Kinder hocherfreut waren, war ich schwer enttäuscht. Tatsächlich kann ich euch daher nur ein Restaurant für gute azorianische Küche ans Herz legen. Das „A Tasca“ im Herzen von Ponta Delgada fanden wir sehr gut, allerdings ist eine Tischreservierung unbedingt erforderlich. Die Preise in den Restaurants sind in etwa ähnlich wie bei uns.
#10 Straßenverhältnisse? Gut bis gruselig.
In den letzten Jahren hat die EU sehr viel Geld in die Infrastruktur der Azoren investiert, weshalb die Hauptverkehrsstraßen in einem sehr guten Zustand sind. Die Fahrweise der Einheimischen ist entspannt, sodass man die Insel perfekt mit einem Mietwagen erkunden kann. Ob das auch per Bus möglich ist, kann ich nicht beantworten. Da ich jedoch kaum welche gesehen habe, gehe ich von einem eher spärlichen ÖPNV aus.
Sobald man die Hauptstraßen verlässt, wird es jedoch mitunter auch schon mal haarig. Viele Straßen sind ungeteert und bei Regen verwandeln sie sich in Matschpisten voller Schlaglöcher. Die Straßen sind serpentinenreich und es geht ständig hoch und runter. Dafür wird man aber auch mit spektakulären Aussichten belohnt. Manch eine Straße sollte man jedoch nur befahren, wenn man lebensmüde ist. Vor uns platzte einem deutschen Touristenpaar direkt an einem steilen Berghang ein Reifen. Da wir an dieser Stelle nicht anhalten konnten, ohne uns selbst in Gefahr zu bringen, weiß ich nicht, was aus ihnen geworden ist. Manche Straßen und Pässe werden auch schon mal geschlossen, weil der ganze Hang samt Straße wegrutscht (wie z. B. nach Hurrikan Lorenzo).



#11 Was haben wir auf den Azoren gemacht?
Wir waren im Oktober zehn Tage auf der Hauptinsel São Miguel und haben uns keine weiteren Inseln angeschaut. Wer mehr Zeit hat, sollte sich jedoch unbedingt noch weitere Inseln anschauen, am besten per Fähre. Jede der Azoren-Inseln ist einzigartig und bietet einen ganz eigenen Mikrokosmos. Da wir mit der TAP über Lissabon angereist sind, haben wir unsere restlichen Urlaubstage für einen mehrtägigen Stopp im Norden Portugals genutzt.
Wir haben 5 Tage in einer Ferienwohnung bei Ponte Delgada und 5 Tage in einer kleinen Anlage in Ribeira Grande gewohnt. Das war perfekt, um die Insel in alle Himmelsrichtungen zu entdecken. 10 Tage waren ausreichend für Sao Miguel. Man sollte jedoch mindestens eine Woche für die Hauptinsel einplanen, denn es gibt wirklich wahnsinnig viel zu entdecken. Die wundervolle Quinta do Passo* in Ribeira Grande kann ich euch im Übrigen sehr ans Herz legen. Ein eigenes Häuschen inmitten eines alten Gutshofes. Die kleine Anlage mit Gemeinschaftspool liegt zentral im Ortskern und die Besitzer sind supernett.
#12 Mein Fazit bzw. ein guter Gund für die Azoren!
Die Azoren sind definitiv wunderschön und ein kleines Paradies mitten im Atlantik. Wenn man mal so richtig am „Arsch der Welt” sein möchte, ist man hier auf jeden Fall richtig. 😉 Wer Ruhe, Natur, Abgeschiedenheit, Abenteuer und authentische Inseln erleben möchte, wird hier ebenfalls sein Glück finden. Wir fanden es auf jeden Fall mega. Ob ich all meine Tipps für die Azoren jemals zusammenfassen werde, weiß ich nicht. Eigentlich möchte ich die Azoren vor einem Reisehype schützen, wie ihn Island seit ein paar Jahren erlebt. Vielleicht könnt ihr aber mit diesem Beitrag erstmal einschätzen, ob die Azoren überhaupt etwas für euch sind.
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5 comments
Was für eine wunderbare Idee für einen Beitrag! Genau aus diesen Gründen stehen die Azoren nicht auf unserer Bucket List. Wir lassen sie lieber in Ruhe, damit sie weiterhin so verwunschen aussehen wie auf deinen Bildern!
LG
Jenny
Dabei wären die Azoren genau euer Ding, weil sie mit den Vulkanen, heißen Quellen und der explodierenden Vegetation so ne Art Mini-Neuseeland sind. 😉 Verwunschen werden sie aber in der Tat nur bleiben, wenn es bei einer gewissen Anzahl an Touristen bleibt. Da müsste die Regierung wohl ein Auge drauf haben und das notfalls reglementieren. LG, Nadine
Liebe Nadine, ein toller Beitrag mit super schönen Fotos. Ich hoffe, Du bist nicht enttäuscht, dass Du mich nicht von den Azoren abhalten kannst. Sie stehen schon lange auf meiner Reiseliste, gerade weil mich die Natur reizt und ich kein großes urbanes tam tam brauche.
Liebe Grüße, Ines
Haha, das wäre der perfekte Urlaubsort für mich, ich liebe so ein gemischtes Wetter, und auch, dass es nicht so touristisch erschlossen ist, nur fliegen wir eben nicht mehr, von daher bleibe ich den Azoren entfernt 🙂
Ich vermute, dass Madeira auch mal so ähnlich gewesen sein muss, heute ist es ja auch touristischer Ort, den sich viele leisten können und der mit EU-Geldern ordentlich durchsaniert wurde (zumindestens bis zum Feuer, wie es sich danach entwickelt hat, habe ich nicht mehr verfolgt).
Hallo Nadine. Also ich war eben mal eine Woche dort und bin heute zurück. Ich gebe Dir recht, die Strände sind nicht das High-Light der Badewelten. Die vielseitige Natur jedoch begeistert mich sehr. Die Menschen freundlich, Hotels günstig und letztlich kann man gut einkaufen. Also ich finde es von Vorteil im Dezember Sonne tanken zu können.