Einfach mal "Niksen"

Wie ich das nichts tun verlernt habe und nun auch mal wieder Löcher in die Luft gucke

by nadine

Manchmal versuche ich mich daran zu erinnern, wie mein Leben früher war. Vor meinen Kindern, vor Smartphones, Netflix und endlosen Verpflichtungen. Was habe ich eigentlich den lieben langen Tag gemacht? Wie habe ich mir die Zeit vertrieben, wenn ich von der Schule kam oder später vom Job? Wie habe ich meine Wochenenden und Ferien verbracht? Höchstwahrscheinlich habe ich Bücher gelesen, Musik gehört, profanes Fernsehen geguckt, telefoniert, mich mit Freunden getroffen und ganz viel nix gemacht. Löcher in die Luft geguckt, vor mich hingeträumt oder einfach auch mal gelangweilt.

Seit mindestens 10 Jahren fühlt sich mein Leben meist eher nach einem Dauerlauf an. Ich bin von morgens bis abends auf den Beinen, versorge die Kids und kümmer mich um den Haushalt. Dazu schmeiße ich meine One Woman-Blogshow mit allen nötigen Tätigkeiten, die als Selbst und Ständige so anfallen. Auch am Wochenende, im Urlaub und spät in der Nacht. An manchen Tagen, in denen ich wie ein Duracell-Hase im Dauereinsatz war, falle ich abends nur noch scheintot ins Bett.

Einfach mal „Niksen“:

Wie ich das nichts tun verlernt habe und nun auch mal wieder Löcher in die Luft gucke

So wie mir, geht es wahrscheinlich den allermeisten, berufstätigen Müttern. Denn es gibt immer etwas zu tun. Mount Washmore ruft, die Kinder kloppen sich, das Mailpostfach quillt über, im Kühlschrank herrscht gähnende Leere, die Deadline sitzt im Nacken, man muß Ersatz-Lehrerin spielen und so geht das endlos weiter. Mitunter mache ich mehrere Sachen gleichzeitig und wenn ich endlich mal 5 Minuten Ruhe habe, schreibe ich schnell noch die Message an eine Freundin oder scrolle mich durch Instagram. Selbst auf Reisen mache ich immer etwas, weil das Thema Urlaub nun mal mein Job ist.

Es ist ganz eindeutig. Ich habe das nichts tun vollkommen verlernt!!

Fakt ist aber, dass der Mensch für Dauerstress nicht gemacht ist und Auszeiten braucht, um produktiv sein zu können. Während wir „faulenzen“, sortiert unser Gehirn Erinnerungen, verarbeitet Gedanken und Emotionen und kreiert neue Ideen. Studien zeigen zudem, dass Entspannung und Zeit für sich selbst, eine positive Wirkung auf den Blutdruck und das Immunsystem haben. Nach einer kleinen Ruhepause sind wir tagsüber leistungsfähiger und können nachts besser schlafen. Daher ist Faulenzen keine verlorene Zeit, sondern ziemlich nützlich. All das ist eigentlich nicht neu. Wir haben es in unserer dauerbeschallten und leistungsorientierten Gesellschaft nur völlig verlernt, auch mal nichts zu tun. Schon die Jäger und Sammler arbeiteten schätzungsweise nur 15 Stunden die Woche und übten sich ansonsten in Müßiggang. Seit 1973 gibt es in den USA den „National Nothing Day“ und die Niederländer nennen „die Kunst, ein wenig Zeit zu verschwenden“ einfach niksen.

Einfach mal Niksen wie die Niederländer

Wenn mir früher mal jemand erzählt hätte, dass es im Jahr 2021 Bücher geben würde, die vom Nichts tun handeln, hätte ich ihn sicher sehr verwundert angeschaut. Aber wir reden ja mittlerweile auch über illegale Kindergeburtstage und dass die Mutanten überall sind. Wen wundert da überhaupt noch irgendwas ;)? Nun könnte man Niksen wohl, genau wie das dänische Hygge und schwedisch Lagom, zu den aktuellen Lifestyletrends packen. Im Grunde genommen, ist es aber einfach nur gesunder Menschenverstand, wenn man auf seine Bedürfnisse achtet und seinen Körper hört.

Da mir der Zustand des Duracell-Hasen eindeutig nicht gefällt, übe ich mich seit einiger Zeit darin, mal wieder Löcher in die Luft zu gucken. Das inspirierende Buch Niksen: Wie man Glück im Nichtstun findet* der niederländischen Autorin Annette Lavrijsen hat dafür 50 Ideen zum Nachniksen geliefert. Und die sind ganz und gar nicht langweilig.

Die kleinen Auszeitmomente des Tages zu zelebrieren, macht nämlich Spaß. Bewusst durchatmen, einen Moment innehalten und den Körper wahrnehmen. Darüber hinaus zeigt der Ratgeber, wie man erlerntes Wissen easy in den Alltag integrieren und auch auf Dauer beibehalten kann. Alle sieben Kapitel werden mit hübschen Illustrationen untermalt. Der kleine Achtsamkeits-Ratgeber hilft einem dabei, Schluss zu machen mit »Ich-hab-zu-viel-zu-tun«- Ausreden und zeigt einem auf, wie man zum Work-Life-Balance-Profi werden kann. Mag ich sehr.

Autorin: Annette Lavrijsen  Verlag: Knesebeck Verlag  Preis: 16,00 €

Bewusste Auszeiten einplanen

Nichts tun muß man aber tatsächlich auch erst wieder lernen. Jeder der gestresst in den Urlaub fährt, kennt das. Man braucht erstmal ein Weilchen um vom Dauer-Stresspegel runterzukommen. Nichts tun bedeutet daher auch nicht, aufs Handy zu glotzen oder Netflix in Dauerschleife zu gucken. Es reicht auch nicht, nur mal einen ganzen Tag lang nichts zu tun. Es geht vielmehr um das grundsätzliche Bewusstsein, dass wir täglich Phasen der Entspannung und Ruhe brauchen, um neue Kraft zu tanken. Mir gelingt das nur, wenn ich dafür fixe Auszeiten einplane. Ich habe mir z.B. eine Morgenroutine angewöhnt, in der ich täglich meditiere und in mein Glückstagebuch schreibe, um den Tag möglichst achtsam, dankbar und positiv zu beginnen.

einfach nur mal rumhängen

Aber auch während des Tages ist es wichtig, sich Zeit fürs nichts tun zu nehmen. Einfach mal 5 Minuten auf dem Sofa abhängen oder in Ruhe einen Kaffee trinken, schafft jeder. Man kann aber auch einen ausgedehnten Spaziergang durch den Wald machen, aus dem Fenster schauen und Vögel beobachten, Yoga machen oder schöne Musik hören. Eine Auszeit ist das, was einem gut tut und das Leben bereichnert. Es sollte nur frei von Hektik und digitalen Störquellen sein.

Meine persönlichen Auszeiten „fülle“ ich mit Meditation, Yoga, Spaziergängen und supergerne auch mit Ambience Videos. Die sind zwar digital, beamen mich jedoch sofort an ein Lagerfeuer an einem norwegischen Fjord, in einen New Yorker Coffee Shop, in die Hogwarts Library oder einen Regentag im Dschungel.

Es ist also Zeit, zur Ruhe zu kommen und das Leben zu genießen! Seid ihr dabei? Und gönnt ihr euch bereits eure regelmäßigen Auszeiten?

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3 comments

Claudia 7. April 2021 - 12:07

Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal nichts gemacht habe. Zählt in der Wanne liegen dazu? Mit 3 Kindern bin ich, genau wie Du, ständig auf den Beinen und Ruhemomente kommen kaum vor. Das zehrt total an mir und ich sollte dringend etwas daran ändern. Danke für diesen Reminder! Von Niksen habe ich noch nie gehört, aber ich fange direkt mal damit an. Liebe Grüße, Claudia

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Christina 10. April 2021 - 16:09

Ein toller, inspirierender Post – der mich tatsächlich zum Nachdenken gebracht hat. Mein Fazit: ich fürchte, ich habe es auch verlernt, nichts zu tun… ein Hoffnungsschimmer bleibt: meinen Kaffee genieße ich morgens oft vom Wohnzimmertisch aus mit Blick auf die große, grüne Weide vor unserem Fenster. Das tut gut und werde ich zukünftig noch weiter „ausbauen“ 🙂 Habt ein schönes Wochenende und liebe Grüße, Christina

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nadine 18. April 2021 - 21:05

Liebe Christina! Man sollte ja eigentlich meinen, dass die Pandemie eine allgemeine Entspannung mit sich gebracht und die Menschen eher mal Muße haben. OK, bei den Familien war mir klar, dass meist Land unter ist. Aber es gibt ja auch viele Menschen denen langweilig ist. Langeweile kenne ich nur noch durch meine Kinder. Manchmal wünschte ich, sie könnten mir etwas davon abgeben. Aber es liegt halt einzig an mir, etwas daran zu ändern. Und ich finde der entspannte Kaffee am Morgen ist doch schon mal ein Anfang. Fröhliches Weiternixen ;). LG, Nadine

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