Wochenende in Mechelen

Mein Guide für den charmanten Outsider im Herzen Flanderns

by nadine

Ich liebe es, Orte zu entdecken, an denen Touristen normalerweise achtlos vorbeigehen. Hat den enormen Vorteil, dass man eventuell eine echte Perle entdeckt und diese auch noch „für sich allein“ hat. So erging es mir in diesem Jahr mit der Stadt Mechelen in der belgischen Region Flandern. Ihr kennt sie noch nicht? Wundert mich nicht. Denn die meisten Touristen reisen für einen Städtetrip meist nur nach Brüssel, Brügge, Antwerpen oder vielleicht noch Gent.

Ich kannte Mechelen vom Hörensagen, denn schließlich war ich schon ein paar Mal in Flandern unterwegs. Aber dass Mechelen so etwas wie ein Geheimtipp ist, war mir auch nicht bewusst. Ich war für ein Wochenende mit meinem Mann (ohne Kinder, yeah!) in Mechelen und wir haben uns auf Anhieb in die Stadt verliebt. Neugierig geworden? Dann habe ich für euch mal meinen Guide für den charmanten Outsider im Herzen Flanderns zusammengeschrieben.

Offenlegung: Ich wurde von Visit Flandern zu dieser Recherchereise nach Mechelen eingeladen. Meine Meinung bleibt davon unberührt und meine Erfahrungen gebe ich hier ganz objektiv weiter.  

[Wochenende in Mechelen]

Mein Guide für den charmanten Outsider im Herzen Flanderns

#1 Vom sozialen Brennpunkt zur Vorzeigestadt

Mechelen ist in der Tat ein kleiner Outsider! Wenn man heute durch die Straßen schlendert, kann man nämlich kaum glauben, dass Mechelen noch vor 20 Jahren als die schmutzigste Stadt Belgiens mit der höchsten Kriminalitätsrate galt. Dabei blickt Mechelen eigentlich auf eine lange Geschichte zurück. Schon die Römer hatten hier eine kleine Siedlung, aus der später die Stadt Mechelen hervorgehen sollte. Im 16. Jahrhundert war sie sogar eine Zeit lang die Hauptstadt der Niederlande.

2001 trat Bürgermeister Bart Somers dann sein Amt an und schaffte es mit Mut, Willen und vielen Innovationen, die Stadt wieder in einen lebens- und liebenswerten Ort zu verwandeln. Seine Strategie: Null Toleranz und Multikulti! Um die Sicherheit aller zu gewährleisten, wurden beispielsweise überall Kameras installiert und kleinste Vergehen verfolgt. Er legte Parks und Grünflächen an, machte die Innenstadt autofrei und startete Projekte gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Sein Ziel war es, allen Einwohner:innen von Mechelen eine gemeinsame Identität zu verschaffen. Und ich finde, das ist ihm super gelungen. Immerhin leben in Mechelen 128 Nationalitäten, von denen 20 Prozent einen muslimischen Hintergrund haben.

Gut zu wissen: Bart Somers hat über sein Konzept sogar ein Buch geschrieben: Zusammenleben – Meine Rezepte gegen Kriminalität und Terror*. Ich habe es noch nicht gelesen, werde es aber demnächst nachholen, denn ich finde seinen Weg bewundernswert. 2016 wurde Bart Somers in London dafür sogar vom Weltbürgermeisterverband zum „World Mayor“ gewählt.

#2 Anreise nach Mechelen

Mechelen ist von Köln aus sehr gut mit dem Zug in ca. 2 Stunden zu erreichen. Wir sind für ein Wochenende jedoch mit dem Auto angereist, da wir auch außerhalb der Stadt unterwegs waren. Da die Innenstadt aber autofrei ist, kommt man mit dem Auto nicht hinein.

Mein Tipp: Wir haben unser Auto für zwei Tage im Parking Zandpoortvest (Zandpoortvest 15-29, 2800 Mechelen) geparkt. Das Parkhaus liegt am Rande der Innenstadt und ist am Wochenende kostenlos. Unter der Woche soll der Tagespreis bei 5 € liegen, was ich sehr günstig finde. Von dort aus ist der Grote Markt in der Innenstadt in ca. 15 Minuten zu Fuß zu erreichen.

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#3 Schlafen in der alten Zigarrenfabrik: Hotel Vé

Das stylische 4 Sterne-Design Hotel Vé*, liegt im Zentrum von Mechelen, genauer gesagt direkt am lebendigen Vismarkt und am Dijle Kanal. Das Besondere am Hotel: Es befindet sich in einer ehemaligen Fischräucherei und einer alten Zigarrenfabrik. Dabei wurde die einzigartige Struktur der Gebäude erhalten und mit moderner Architektur und Kunst kombiniert. Hat mir persönlich sehr gefallen. Lohnenswert ist auf jeden Fall auch das leckere Frühstücksbuffet mit Omelettstation und frischem Obst. Es gibt zudem einen Wellnessbereich, den man jedoch extra dazubuchen muss.

Persönlicher Tipp: Unser ruhiges Doppelzimmer war gemütlich, allerdings hatte unser Badezimmer bzw. die Toilette keine Tür, was wir etwas befremdlich fanden. Achtet bei einer Buchung daher unbedingt darauf, dass ihr ein Zimmer mit Badezimmertür bekommt ;).

#4 Die prachtvollen Häuser der Haverwerf

Direkt um die Ecke vom Hotel Vé befindet sich am Dijle Kanal die Haverwerf (Haferwerft), die einst der Binnenhafen von Mechelen war. Wie der Name schon sagt, wurde hier im 14. Jahrhundert mit Hafer gehandelt, denn Mechelen besaß das Stapelrecht für Getreide. Heute stehen dort immer noch drei prachtvolle bunte Häuser aus dem 16./17. Jahrhundert, die zu den schönsten von ganz Belgien gehören sollen. Sie befinden sich direkt an der Kraanbrug (Kraanbrücke).

#5 Bummel über den Dijlepad

Der Dijlepad ist ein hübsch angelegter, z.T. barrierefreire Holzsteg, der direkt über dem Wasser des Kanals gebaut wurde. Gerade bei Sonnenuntergang ist es hier besonders schön. Man kann einfach nur mit einem Getränk in der Hand auf dem Steg sitzen oder tolle Fotos machen.

#6 Der pittoreske Grote Markt

Mittelpunkt von Mechelen ist der Grote Markt, der von zahlreichen historischen Gebäuden aus dem 16. bis 18. Jahrhundert gesäumt ist. Dort befindet sich u.a. auch das hübsche Stadhuis van Mechelen (Rathaus). Rund um den Grote Markt und auf der Einkaufsstraße Ijzerenleen gibt es zudem viele Geschäfte, Cafés und Restaurants mit Außengastronomie. Abends, wenn alle Häuser und die nahegelegene Sint-Romboutskathedraal erleuchtet sind, ist die Atmosphäre besonders schön

Gut zu wissen: Samstags findet von 7 Uhr bis 13 Uhr entlang der Ijzerenleenein und auf dem Grote Markt ein großer Markt statt, auf dem viele Stände Leckereien, frisches Obst und Gemüse sowie herrliche Blumen anbieten. Da der gesamte Bereich verkehrsberuhigt ist, ist ein Bummel sehr entspannend.

#6.1 Das Funky Jungle

Direkt am Grote Markt liegt das vegane Restaurant Funky Jungle, was mein persönliches Food-Highlight war. Die Besitzer sind supernett und bieten kreative, ausgefallene Gerichte auf rein pflanzlicher Basis an. Wer Zweifel hat, dass vegane Küche was kann, sollte unbedingt das Tiramisu probieren. Ein Träumchen aus Cashew-Mascarpone!

#7 Der Skywalk auf der Sint-Romboutskathedraal

Die gotische Sint-Romboutskathedrale ist das Wahrzeichen von Mechelen. Da auf ihrem Dach ein gläserner Skyywalk thront, lohnt es sich ihren 97 Meter hohen St. Rumbold`s Tower zu erklimmen. Der Aufstieg über die 538 Stufen ist natürlich nicht ganz unanstrengend, bei schönem Wetter wird man jedoch mit einer tollen Aussicht über die Dächer von Mechelen und die Umegbung belohnt.

Auf dem Weg nach oben gibt es zudem 6 Turmebenen, wo es was zu entdecken gibt. U.a. einen alten Holzkran, mit dem die Kirche errichtet wurde, ein beeindruckendess Glockenspiel mit 49 Glocken, ein mechanisches Uhrwerk und sechs weitere Glocken, die zu den größten in Belgien gehören sollen. Die Glocken schlagen jede Viertelstunde und dann wird es dort oben ziemlich laut. Außerdem gibt es eine verglasten Abschnitt, auf dem ihr von oben auf die Orgel schauen könnt.

Gut zu wissen: Tickets für den Turm und Skywalk könnt ihr direkt in der Kirche oder online hier kaufen.

#8 Der Renaissance-Stadtpalast Hof van Busleyden 

Neben der Kathedrale und zahlreichen Kirchen stößt man in Mechelen immer wieder auf Paläste, Residenzen und großzügige Herrenhäuser. Eines der schönsten Beispiele ist der Hof von Busleyden, ein imposanter Renaissance-Stadtpalast, der heute ein Museum beherbergt. Wie bereits erwähnt, war Mechelen im 15./ 16. Jahrhundert nämlich die Hauptstadt der burgundischen Niederlande.

Im Museum kann man auf den Spuren von Hieronymus van Busleyden, Margarete von Österreich, Erasmus und Thomas More wandeln und spürt förmlich die Aufregung und den Wandel der Renaissance. Neben Luxus und Opulenz fanden allerdings auch Kriege, Folter und Mord zu Genüge statt. Dies wird einem in zahlreichen, recht blutrünstigen Gemälden überliefert. Außerdem gibt es auch immer wieder Wechselausstellungen zu unterschiedlichen historischen Themen.

#9 Die historische Fleischhalle

Zwischen all dem Sightseeing muss man natürlich auch mal einen Happen essen oder entspannt einen Kaffee trinken. Und das könnt ihr ziemlich gut in der wunderschönen De Vleeshalle. Die ehemalige Fleischhalle aus dem 19. Jahrhundert ist heute ein Foodmarket, mit vielen coolen Essensständen aus aller Welt, aber auch Bars und Cafés.

#10 Öffentliche Kunst und Streetart

Sehr schön fanden wir auch, dass man in Mechelen überall auf öffentliche Kunst trifft. Sei es in Form von Streetart, Standbildern, Gemälden oder Skulpturen, die viele Künstler:innen im Laufe der Zeit hinterlassen haben. Sie lockern das Stadtbild auf und machen Mechelen selber auch zu einem kleinen Gesamtkunstwerk.

#11 Die lauschigen Beginenhöfe

Beginenhöfe findet man in Belgien an vielen Orten. Wem das nichts sagt: Beginen waren Frauen, die in einer christlichen Gemeinschaft lebten, aber kein förmliches Ordensgelübde ablegten. Im Gegensatz zu Nonnen durften sie ihr Eigentum behalten, ihre Gemeinschaft freiwillig verlassen und heiraten, wenn sie wollten. In der Regel lebten sie jedoch in Beginenhöfen, baulich geschlossenen Wohnkomplexen. Diese bestanden typischerweise aus kleinen Häusern oder Wohnungen, die um einen zentralen Hof oder Garten angeordnet waren. Oft gab es auch eine Kirche oder Kapelle innerhalb des Hofes.

Einige der berühmtesten Beginenhöfe befinden sich im belgischen Leuven oder in Brügge, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Auch der Groot Begijnhof in Mechelen ist einer der ältesten erhaltenen Beginenhöfe Belgiens. Bei einem Spaziergang durch die kopfsteingepflasterten Gassen und verwunschenen Gärten stellt sich nach dem trubeligen Stadtzentrum sofort ein Gefühl der Ruhe und Besinnlichkeit ein. Auch die Beginenhofkirche (Begijnhofkerk) ist einen Besuch wert.

Gut zu wissen: Die Beginenhöfe sind z. T. noch heute bewohnt und die Bewohner:innen schätzen die beschauliche Ruhe.

#12 Führung durch die Het Anker Brauerei

Belgien ohne Fritten, Waffeln, Schokolade und Bier? Undenkbar! Gut, für so manchen:n deutschen:n Biertrinker:in mag belgisches Bier ein heikles Thema sein. Denn in Belgien wird nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut ;). Dafür gibt es in Belgien viele ausgefallene Biersorten, die unter anderem nach Grapefruit, Kirsche, Banane oder sogar Kokosnuss schmecken.

Eine Führung durch die Brauerei Het Anker, ist daher nicht nur für passionierte Biertrinker:innen ein spannendes Event. Die Familienbrauerei ist seit 1471 in Betrieb und damit eine der ältesten Brauereien Belgiens. Früher hatten die Beginen hier ein Hospiz und pflegten die Kranken. Da das Wasser aus den Brunnen nicht sauber genug war, mischten sie es mit Kräutern und brauten ein Bier. Dieses Bier heißt auch heute noch Gouden Carolus und wird in über 40 Ländern verkauft. Am Ende der unterhaltsamen Führung gibt es eine kleine Verkostung, bei der man drei der Biere probieren kann. Aber Vorsicht: Sie enthalten mehr Alkohol als unser deutsches Bier. Also lieber nicht zu tief ins Glas schauen ;).

Gut zu wissen: Für die kostenpflichtigen Führungen sollte man sich am besten vorher online anmelden, da sie je nach Saison sehr gut gebucht sind.

#12.1 Het Anker Brouwerij:

Im hauseigenen Brauereirestaurant kann man sich vor oder nach der Führung mit traditionellen Gerichten stärken, die oft mit Bier zubereitet werden. Für Vegetarier wie mich war die Auswahl etwas mager. Liebhaber:innen deftiger Kost dürften jedoch auf ihre Kosten kommen.

#13 Die Kazerne Dossin

Ein dunkles, aber auch wichtiges Kapitel der europäischen Geschichte wird in der Kazerne Dossin beleuchtet. Die ehemalige SS-Kaserne ist Museum, Gedenkstätte und Dokumentationszentrum über den Holocaust und die Menschenrechte. Während des Zweiten Weltkriegs diente sie als Durchgangslager für 25.484 Juden und 352 Roma auf ihrem Weg in die nationalsozialistischen Vernichtungslager. Viele der Opfer erhielten keine Häftlingsnummer und wurden sofort vergast. Eines der bekanntesten Opfer war der deutsche Maler Felix Nussbaum, der mit einem der letzten Transporte nach Auschwitz gebracht wurde.

Nein, ein Besuch in der Kazerne Dossin ist wahrlich keine leichte Kost. Immer wieder hatte ich einen dicken Kloß im Hals, denn das Museum ist ein bewegender Ort der Erinnerung und zugleich der Aufklärung über das Grauen des Holocaust. Im Mittelpunkt stehen aber auch aktuelle Menschenrechtsfragen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit rund um den Globus.

#14 Die Bibliothek Het Predikheren

Die Het Predikheren Bibliothek liegt direkt neben der Kazerne Dossin und ist quasi das „Wohnzimmer der Stadt“. Das alte Kloster von 1650 wurde zu einem Ort der Begegnung, Literatur, Kunst und Kultur umgebaut und gehört lt. der Internationalen Vereinigung bibliothekarischer Verbände zu den fünf schönsten Bibliotheken der Welt.

#15 Die 8 historischen Kirchen

Obwohl die Stadt Mechelen gerade mal ca. 150.000 Einwohner:innen hat, kann sie mit 8 historischen Kirchen aufwarten. Normalerweise bin ich keine große Kirchenbesucherin, aber in Mechelen lohnt es sich, den einen oder anderen Blick in eines der opulenten Gotteshäuser zu werfen. Sie stammen alle aus dem 13. bis 17. Vom Skywalk der Sint-Romboutskaathedral hat man einen guten Überblick über alle Kirchendächer.

Was noch?

Natürlich gibt es in der Umgebung von Mechelen noch einige Attraktionen zu entdecken, weshalb wir mit dem Auto unterwegs waren. Wir haben z.B. noch die Giant Trolls in De Schorre besucht, die ich euch demnächst vorstellen werde. Außerdem gibt es in dem kleinen Ort Onze-Lieve-Vrouw-Waver das St. Ursulinen Stift mit seinem wunderschönen Jugendstil-Wintergarten aus dem Jahr 1900. Das ehemalige Internat für wohlhabende junge Damen hätten wir gerne noch besucht, die Zeit hat aber leider nicht mehr gereicht. Da ich jedoch noch nie in Antwerpen war, das nur 30 km von Mechelen entfernt liegt, muss ich sowieso wiederkommen.

Mechelen hat uns auf jeden Fall mit seiner vielfältigen Auswahl an Attraktionen überzeugt und muss sich sicherlich nicht hinter den bekannten Städten verstecken. Und da die Stadt nicht so groß ist, eignet sie sich wirklich perfekt für einen entspannten Wochenendtrip. Kennt ihr Mechelen schon und wenn ja, was war euer Highlight?

Hier findet Ihr weitere Reiseinspirationen für Belgien:

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