24 Stunden in Venedig

Tipps für einen achtsamen Besuch der Lagunenstadt

by nadine

[Ein Beitrag von Co-Autorin Petra]

Möglicherweise ist Venedig die schönste Stadt der Welt. Mit Sicherheit ist sie eine der spektakulärsten. Das ist mir wieder einmal klar geworden, als wir vor ein paar Wochen auf dem Rückweg aus dem Süden Italiens einen recht spontanen Zwischenstopp dort eingelegt haben. Natürlich ist es kein Geheimnis, dass Venedig wunderschön ist. Und das wiederum ist der Grund, warum das Thema Overtourism seit Langem eng mit der Stadt verknüpft ist. 

Die Frage ist nun tatsächlich: Wird Venedig zu Tode geliebt? Und kann man dort überhaupt noch hinfahren? Diese Fragen sind superaktuell – kurz nach unserer 24-Stunden-Visite dort wurde nämlich bekannt, dass das geplante und lange diskutierte „Eintrittsgeld“ für Tagestouristen im Jahr 2024 nun tatsächlich eingeführt werden soll. 

Es ist sicherlich fraglich, ob das jetzt DAS Instrument ist, um die Besucherzahlen in Venedig zu kontrollieren. Ich glaube eher nicht. Trotzdem sollte man schon im Hinterkopf haben, dass ein Besuch in Venedig ein Highlight ist, es gerade bei dieser fragilen Stadt aber noch mehr als sonst wichtig ist, sie achtsam zu besuchen. Ich habe hier ein paar Tipps mitgebracht, wie das klappen kann.

24 Stunden in Venedig:

Tipps für einen achtsamen Besuch der Lagunenstadt

#1 Sightseeing in Venedig: Meine Tops und Flops

Gerade wenn man nicht wahnsinnig viel Zeit hat, ist die Versuchung groß, einfach „mal schnell“ die Top-Sehenswürdigkeiten abzuhaken. Das ist in Venedig sicher der Markusplatz samt Dogenpalast und Campanile, plus die Rialtobrücke. Problem: Dort ist es eben sehr voll und das macht nur bedingt Spaß. 

Also einfach drauf verzichten? Ich bin da eher für die Variante Tagesrandzeit. Gut, dieser Tipps ist nicht neu, lohnt sich trotzdem. Wir standen morgens um halb 9 auf dem Markusplatz und hatten selbst zur Hauptsaison in den Sommerferien einen noch recht leeren Platz vor uns.

Im Café Florian hatten sich die ersten schon ihren 15-Euro-Cappuccino bestellt (nebenan ist es übrigens etwas günstiger), das Licht war schön und die Stimmung gut. Richtig gemütlich wird es aber nicht, wenn man sich nicht in eins der teuren Cafés setzen will. Denn die #EnjoyRespectVenezia Kampagne (siehe auch weiter unten) beinhaltet auch, dass man sich nicht mehr an öffentlichen Plätzen hinsetzen darf. Und ja, das wird auch an einem Sonntagmorgen um halb 9 durchgesetzt, es gibt dann eine freundliche Aufforderung, sich bitte wieder zu erheben. 

Also einfach weiter: Hinüber zur Abbazia di San Giorgio Maggiore auf der vorgelagerten gleichnamigen Mini-Insel. Vom Kirchturm aus habt ihr einen sensationellen Blick auf den Markusplatz samt Dogenpalast und Campanile. Und günstiger ist es sowieso. Vorsicht nur, wenn die Glocken anfangen zu bimmeln, das ist ohrenbetäubend laut ;). Neben der Kirche gibt es zudem ein sehr nettes Café, wo man in Ruhe eine kleine Pause abseits vom Trubel einlegen kann.

Auch die Rialto-Brücke ist so eine Sache – denn auch da gilt, entweder früh zu kommen oder den Andrang gelassen zu sehen. Am besten fahrt ihr unter ihr hindurch – die Vaperettolinien auf dem Canale Grande passieren die Brücke sowieso. 

Einen schönen Blick hat man von der Dachterrasse des Fondaco die Tedeschi direkt neben der Brücke. Hier müsst ihr euch aber vorher online anmelden und einen Slot reservieren. Das Onlineformular funktionierte leider bei unserem Besuch nicht – vielleicht, weil im Spätsommer doch zu viel los war. Der Fondaco selbst ist ein sehr luxuriöses Kaufhaus für alle, die gerne (teure) Taschen und Schuhe shoppen also ein absoluter Traum.

#2 Welches Viertel in Venedig soll ich mir aussuchen?

Venedig ist, verglichen mit anderen Städten, nicht besonders groß, das heißt ihr könnt euch auch gut zu Fuß vorwärts bewegen. Ich mag es gerne, wenn ich vor der Hoteltür genau das habe, was ich cool finde – also schöne Cafés und Bars und Restaurants. Und die haben wir in Cannaregio gefunden. Das Viertel ist tatsächlich DIE absolute Entdeckung für mich. Es liegt etwas außerhalb des touristischen Zentrums und hat sich daher seinen lokalen Charme durchaus bewahrt. An dem spätsommerlichen Samstagabend unseres Besuchs war es knallvoll. Viele junge Leute, Studenten und Ausgeh-Volk, eine ausgelassene Stimmung mit Sprizz, Wein und Drinks – herrlich. 

Ein weiteres Viertel mit Local Charme ist die Giudecca zu, wo ich mich bei früheren Venedig-Besuchen super gerne aufgehalten habe. Genauso wie rund um den Campo Santa Margherita im Viertel Dorsoduro. Dort liegt die Uni ums Eck, studentisches Leben auf der Piazza ist daher direkt eingebucht.

#3 Wie entdecke ich Venedig stressfrei?

Am besten vom Wasser aus. Die beste Investition in Venedig ist meiner Meinung nach diejenige in ein Tages- oder Mehrtagesticket für die Vaporetto-Wasserbusse. Damit kann man beliebig oft ein- und aussteigen und auch zu anderen Inseln wie Murano oder Burano oder zum Lido fahren. Wenn man das System einmal kapiert ist, ist es kinderleicht: Einfach an der Station warten (und vorher kurz gucken welche Linie man braucht) und auf das nächste Boot springen. Natürlich könnt ihr auch eine Gondel mieten oder mit einem der schicken privaten Wassertaxis fahren. Da sprechen wir aber von Preisen, die bei 100 Euro erst beginnen. Also lasst uns beim Vaporetto-Ticket bleiben. Das kostet pro Person (Kinder unter 5 sind gratis) 25 Euro für 24 Stunden.

Wenn ihr das Ticket habt, dann nix wie rauf aufs Boot. Sucht euch eine grobe Route und steigt aus, wo es euch gefällt. Lasst euch treiben. Falls ihr Zeit und Muße habt, entdeckt auch mal die anderen Inseln in der Lagune. Die Glasbläser-Insel Murano oder Burano mit den quietschbunten Fischerhäusern (sehr instagrammable). Und falls ihr Literatur mögt und den Kids einen Klassiker einmal etwas anders nahe bringen wollt: Fahrt zum Lido, setzt euch an den Strand vor dem Grand Hotel des Bains und lest gemeinsam aus Thomas Manns „Tod in Venedig“ – hört sich vielleicht ein wenig cheesy an, aber ich verspreche euch: Die Erzählung wird dadurch super lebendig.

#4 Eine Anleitung für 24 Stunden Venedig

In Venedig, aber nur für kurz? Ich habe hier mal frisch entdeckte Lieblingsspots und Venedig-Klassiker in einen kleinen Tagesplan gepackt. Der lässt sich natürlich auch entzerren und auf mehrere Tage verteilen. 

08 Uhr:

Der frühe Vogel fängt den Wurm. Also nix wie ab zum Markusplatz. In den frühen Morgenstunden ist alles noch schön gechillt dort und es macht Spaß, einfach ein wenig durch die Gassen zu schlendern. Nehm also gern den Fußweg vom Hotel dorthin.

09 Uhr:

Ab aufs Boot (Linie 2) und rüber zur Chiesa di San Giorgio Maggiore. Der Glockenturm öffnet von April bis Oktober um 9 Uhr, in den Wintermonaten schon um 8:30 Uhr. Ein Ticket kostet 6 Euro pro Person, Kinder zahlen 4 Euro. Es gibt einen Aufzug. Wer einen Kaffee oder Snack braucht: Direkt nebenan ist das sehr nette San Giorgio Café (öffnet um 10 Uhr, mittwochs ist geschlossen).

10 Uhr:

Zurück Richtung San Marco. Mit der Linie 2 könnt ihr durchfahren bis zu Rialtobrücke. Dort wäre nun Gelegenheit für einen Besuch auf der Dachterrasse des Fondaco dei Tedeschi.

11 Uhr:

Über den Rialto Mercato schlendern (sonntags ist geschlossen) und sich mit einem Gläschen Vino und/oder ein paar Chichetti (das sind kleine Fingerfood-Happen) für den weiteren Tag stärken.

12 Uhr:

Wer größeren Hunger bekommt: Bummelt mal durch das Viertel San Polo zum Campo Santa Margherita wo es eine Vielzahl an Restaurants, Cafés und Bars gibt.

13 Uhr:

Start in den Nachmittag. Wer Lust hat, erkundet eines der Museen (z.B: die großartige Peggy Guggenheim Collection – sonntags um 15 Uhr gibt es immer kostenlose Workshops für Kinder) oder nimmt ein Boot zu einer der Inseln. Wer nochmal zurück zum Markusplatz möchte: Auch der Dogenpalast ist einen Besuch wert. Tickets solltet ihr aber besser vorab reservieren, es gibt auch „Skip the Line“ Tickets, mit denen ihr die Schlange umgeht. 

Noch ein Extra-Tipp: Ein besonders meditativer Ort ist die Friedhofsinsel San Michele. Dort ist es wirklich ruhig, ein toller Ort, wenn ihr dem Trubel entfliehen wollt. Ihr kommt mit der Vaporetto-Linie hin, die nach Murano fährt. 

18 Uhr:

Zeit fürs Abendprogramm. Nachdem es einfach toll dort war, lege ich euch dafür Cannaregio ans Herz. Schlendert an den Kanälen entlang und nehmt einen Aperitif in einer der tollen (Wein)bars wie dem Vino Vero oder dem Paradiso Perduto. Auch Restaurants findet ihr dort etliche, super schön sitzen (vor allem im Sommer draußen am Kanal) kann man im Oficina Ormesini. Dort gibt es fancy Meeresfrüchte-Platten, oder einfach nur gute Drinks und Wein aus dem Veneto und dem restlichen Italien.

Auch ein Abstecher ins frühere Ghetto Venedigs bietet sich in Cannaregio an. Am Campo Ghetto Nuovo befindet sich auch das Jüdische Museum. Das Wort Ghetto stammt übrigens aus den Venezianischen. Wir sind frühmorgens durch diesen Teil der Stadt gestreift, was sehr beeindruckend war, weil es so leer und still war. Am Morgen empfiehlt sich dann auch ein Frühstücks-Stopp in der Brasserie Majer.

21 Uhr:

Je nach Lust und Laune und Jahreszeit ist jetzt natürlich eine gute Zeit für Drinks. Also am besten gleich da bleiben, wo ihr seid und noch einen Sprizz Select bestellen, das ist die venezianische Alternative zum Aperol Sprizz, die mit einer Olive serviert wird. 

Wer mag, kann jetzt auch nochmal eine Abendrunde starten und beispielsweise den jetzt ruhigen Markusplatz besuchen. Der Dogenpalast ist im Sommer zwischen Mitte Mai und Ende September freitags und samstags sowie an Ferragosto (15. August) sogar bis  23 Uhr geöffnet (letzter Einlass um 22 Uhr). Aktuelle Infos hierzu am besten vorher checken unter Palazzoducale – auf dieser offiziellen Website könnt ihr auch online Tickets buchen.

#5 Praktische Tipps für Venedig

Falls ihr mit dem Auto anreist, stellt es am besten direkt vor der Toren der Stadt ab. Auf dem Tronchetto, einer künstlichen Insel vor der Stadt direkt neben dem Damm, der vom Festland hinüber führt, gibt es ein großes Parkhaus. 24 Stunden Parken kosten dort 25 Euro, ein für Venedig fairer Preis, wie ich finde. Dort könnt ihr auch direkt ins Vaporetto der Linie 2 einsteigen, die euch einmal quer durch die Stadt bringt. 

Auch am Hauptbahnhof könnt ihr direkt in die Linie 2 zusteigen. Es gibt direkte Verbindungen via München nach Venedig und sogar einen Nachtzug, der allerdings einen Umweg über Österreich macht. Ihr steigt abends in München ein und kommt dann morgens in Venedig an. 

Einen Flughafen gibt es natürlich auch, der liegt auf dem Festland und per Schiff kommt ihr von dort aus auch schnell in die Stadt. 

Mit einer App wie Get Your Guide könnt ihr eure Tickets vorab buchen und habt immer eine gute Übersicht. Besonders toll mit Kids finde ich die digitalen Schnitzeljagden, die ihr dort für Venedig buchen könnt – nachdem ihr sie freigeschaltet habt, führt euch die Tour zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten, wo ihr Rätsel lösen müsst. Für Kinder und Teenies ist das eine ziemlich coole Art eine Stadt zu entdecken, finde ich.

#6 Respekt Venezia: Das müsst ihr unbedingt beachten

Im Kampf gegen den Overtourism hat die Stadt Venedig einige recht strenge Regeln erlassen, die man vorher kennen sollte. Picknick beispielsweise ist fast überall verboten, genauso wie das Sitzen auf den Treppen oder an den Kaimauern. Machen zwar trotzdem viele, auch Einheimische, aber es schadet nix, wenn man davon zumindest mal gehört hat.

Ich persönlich bin unsicher, ob das gegen ein Zuviel an Menschen hilft, ebenso wie die oben schon genannte geplante Gebühr für Tagestouristen. Die Schönheit der Stadt ist leider gleichzeitig ihr größtes Manko. Die Leute kommen sicherlich trotzdem, auch wenn sie nicht mehr auf öffentlichen Plätzen picknicken kann. (Abgesehen davon werde ich nie verstehen, wieso man Menschen daran erinnern muss, ihren Müll wieder mitzunehmen und nicht in Badehosen durch eine Stadt zu laufen.) 

Das Beste, was man tun kann, ist wohl: Sich respektvoll verhalten. Auch mal um die Ecke schauen und dort unterwegs sein, wo vielleicht nicht alle hinrennen. Nicht nach Highlights hecheln, sondern den Tag entspannt angehen lassen. Von Café zu Café hüpfen (sofern das mit Kids überhaupt geht) und den Vibe der Stadt einsaugen. Einfach mal eine Runde mit dem Boot herumfahren und die Nase in den Wind halten. Und vielleicht nach Möglichkeit eine Saison aussuchen, die nicht völlig überrannt ist. Dafür bietet sich zum Beispiel der (späte) Herbst an oder auch das (frühe) Frühjahr (ohne Ostern). Mit Schulkindern nicht immer so einfach, ich weiß.

#7 Fazit: Hat sich der Kurztrip nach Venedig gelohnt?

Auf jeden Fall! Natürlich hat sich der Stopp für uns angeboten, weil wir ohnehin „ums Eck“ waren. Und nach vielen Jahren mal wieder dort zu sein, war ein echtes Highlight. Alles an dieser Stadt ist irgendwie besonders. Für unsere Kinder war es ein großes Erlebnis, das zu sehen, zu fühlen und zu entdecken. 

Venedig ist nicht günstig, das sei noch gesagt. Deswegen empfehle ich hier auch kein Hotel, weil das, was wir spontan gebucht hatten, aufgrund des Preis-Leistungs-Verhältnisses einfach nicht empfehlenswert ist. Es lohnt also, sich schon mit etwas Vorlauf Unterkünfte herauszusuchen – denn es gibt natürlich schon auch die kleinen süßen Pensionen und Hotels, die dann so richtig gut passen. Wenn ihr da Tipps habt, sind sie sehr willkommen!

Extra Tipp: Falls Ihr etwas mehr Zeit haben solltet, lohnt sich auch ein Abstecher nach Lignano Sabbiadoro. Der trubelige Strandort liegt ca. 90 km östlich von Venedig und auch hier ist die Landschaft, wie in der Provinz Venetien, von Lagunen durchzogen. Wer Ruhe, Natur und Ursprünglichkeit sucht, kann sich mit dem Boot jedoch zu den traditionellen Casoni fahren lassen oder einen Bummel durch Marano Lagunare machen.

PIN IT AND SAVE IT FOR LATER!

Wir haben uns nach den viel zu kurzen 24 Stunden schon mit dem Gedanken von der Stadt verabschiedet, recht bald wiederzukommen. Die Zugverbindungen von München aus sind gut – also warum auch nicht. Denn am Ende ist Venedig halt einfach das: Eine wunderschöne, atemberaubende Stadt, die es definitiv wert ist, besucht zu werden. Vielleicht ja auch von euch? Würdet ihr nach Venedig fahren – trotz aller Overtourism-Problematik? Ich freu mich auf euer Feedback :).

Hier findet Ihr weitere Reiseinspirationen für Italien:

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