Am 26. September ist Bundestagswahl und wir haben die einmalige Möglichkeit grundlegende und historische Veränderungen für unser Land zu bewirken. Einmalig deshalb, weil es bei der nächsten Bundestagswahl 2025 wahrscheinlich zu spät sein wird. Jedenfalls zu spät, um der Erderwärmung überhaupt noch etwas entgegenzusetzen.
Lt. den aktuellen IPCC Berichten, wird sich unser Klima bereits 2030 um 1,5 Grad erhöht haben. Damit hat sich herausgestellt, dass der Klimawandel viel schneller und folgenschwerer verläuft, als bisher angenommen. Die Folgen sehen wir mittlerweile täglich in den Nachrichten, dabei hat sich die weltweite Temperatur erst um 1,2 Grad erhöht. Ob Pandemie, Feuersbrünste, Hitzerekorde, Flutkatastrophen oder gigantische Stürme – all dies sind die Auswirkungen unseres ausufernden Lebenswandels. Und dieser lautete bisher immer nur: die Wirtschaft muß brummen! Auf Teufel komm raus.
Warum wir der jungen Generation jetzt unsere Stimme geben sollten
Ich gehöre mit zu den Menschen, die jahrzehntelang die Augen verschlossen haben, obwohl die Grenzen des Wachstums seit meiner Geburt bekannt waren (Club of Rome 1972). Ich habe zwar meist Grün gewählt, ansonsten aber vieles achselzuckend hingenommen. Ich habe Fleisch gegessen, Dinge konsumiert, die ich nicht wirklich brauchte, bin munter durch die Welt geflogen und habe nicht über Konsequenzen nachgedacht. Natürlich nicht in böser Absicht. Aber auch Unwissenheit oder Desinteresse schützt nicht vor Strafe. Rückblickend kann ich mir mein gleichgültiges Verhalten nicht erklären. Denn die Natur war eigentlich schon immer mein Seelenort.
Generation X
Vielleicht bin ich einfach die klassische Vertreterin meiner Generation X? Die Altersgruppe, der 1965 bis 1979 geborenen, die mit Orientierungslosigkeit, Egoismus, Oberflächlichkeit und Desinteresse am Allgemeinwohl charakterisiert wird. Die Erde brennt und wir schauen tatenlos zu. Ich habe mich des Öfteren gefragt, warum meine Generation Golf so unmotiviert erscheint und darauf eigentlich nur eine Antwort.
Wir sind die Kinder der Kriegskinder. In unserer 70/80er Jahre Kindheit wurde nur selten über Probleme gesprochen und daher hatten wir zwar meist eine glückliche, aber auch recht naive Jugend. Natürlich gab es auch die 68er Bewegung. Die Studentinnen und Steudenten, die auf den Straßen gegen den Vietnamkrieg, die Nichtaufarbeitung des Nationalsozialismus oder die rigide Sexualmoral protestiert und ihre Kinder mitgenommen haben. Meine Eltern sind, wie viele Andere auch, jedoch in Trümmern groß geworden und wollten uns einfach nur eine behütete Kindheit ermöglichen. Uns wurde daher vorgelebt wegzuschauen und zu verdrängen. Und genau das tun wir bis heute.
Klima-Erwachen
Ernsthafte Zweifel in Bezug auf unseren Lebenswandel kamen mir vor ca. 5 Jahren. Schlagwörter wie Overtourism, Flugscham, Instatourismus und Klimakrise fielen immer öfters und mit ihnen stieg mein schlechtes Gewissen und Verantwortungsgefühl. Es kam eindeutig zu spät, aber besser als nie. Langjährige Leser:innen kennen daher auch meinen Wandel hier. Ich habe das Thema Umweltschutz immer öfter thematisiert, unseren Lifestyle verändert, auf Missstände aufmerksam gemacht, bin Vegetarierin geworden, habe Petitionen unterzeichnet und Flüge eklatant reduziert.
Ich wollte nicht mehr tatenlos zuschauen, wie unsere Welt aus den Fugen gerät und wir die Zukunft unserer eigenen Kinder schrotten. Fakt ist aber auch, dass man ohne eine klimafreundliche Politik im Rücken, nur wenig gegen die Erderwärmung ausrichten kann.
Die Blase der Glückseligkeit
Nächstes Jahr werde ich sage und schreibe ein halbes Jahrhundert alt. Ich habe 16 Jahre Kohl, 4 Jahre Schröder und weitere 16 Jahre Merkel bewusst erlebt. Ich kann daher rückblickend sagen, dass wir ohne Rücksicht auf Verluste ne krasse Konsumparty gefeiert haben. Wir haben die Wirtschaft angekurbelt, wie keine andere Generation zuvor und damit für Wohlstand gesorgt. Wir haben Jahrzehnte in einer Blase der Glückseligkeit gelebt und ausgeblendet, dass diese endlich ist. Zeitgleich waren die vergangenen 16 Jahre ein Stillstand für unser Klima, die Bildungspolitik, die Alters- und Gesundheitsvorsorge, die Digitalisierung und den Wohnungsbau. Alles Dinge, die mir graue Haare verursachen. So entspannt mein Leben bisher auch war – nun sorge ich mich vor Altersamut und Klimakatastrophen.
Kinder an die Macht
Während ich mich im betagten Alter von fast 80 Jahren (2050) mit einer Erderwärmung von 2 Grad herumschlagen muss, sind meine Kinder zu diesem Zeitpunkt erst Ü40 und ihnen steht noch viel Schlimmeres bevor. Die Generationen Z und Alpha sind die Ersten, die in einer komplett digitalen Welt voller Überkonsum groß werden. Die sich aber auch mit immensen Problemen wie Corona, Schuldenbergen und dem Klimawandel herumschlagen müssen.
Sie sind vermutlich die Letzten, die die Klimaerwärmung abbremsen könnten, haben aber keine Stimme!!! Daher mein Apell an alle Eltern und Großeltern: überlasst euren Kindern und Enkeln diesmal eure Wahlstimme! Auch wenn ihr vielleicht andere Werte und Vorstellungen habt. Sie haben es genau wie wir verdient, eine lebenswerte Zukunft zu haben und auf einem gesunden Planeten zu leben. Und sie werden mit den Folgen unseres Lebenswandels viel länger zu kämpfen haben, als wir.
„Was werden uns unsere Kinder weniger verzeihen? Erhöhte Spritpreise oder erhöhte Meeresspiegel?“
– Eckhart von Hirschhausen
In Zukunft hitzefrei?
Im Zuge dessen möchte ich euch das Buch In Zukunft hitzefrei?* ans Herz legen. Tim Schulze, Ingenieur und Physiker sowie Vater von drei Kindern, hat dieses umfassende Jugendbuch zum Klimawandel geschrieben, dass wirklich jeder mal gelesen haben sollte. Ob jung oder alt. Das Handbuch erklärt in leicht verständlicher Sprache und anhand wissenschaftlicher Fakten, Grafiken und auflockernder Skizzen den Klimawandel von A bis Z. Dabei bleibt wirklich keine Frage offen. Was beeinflusst unser Klima? Was droht uns in Zukunft? Warum sollen wir das alles glauben und haben wir bisher so wenig dagegen getan? Schnell wird klar, die Lage ist ziemlich ernst.
Ich denke jede:r Einzelne von uns, tritt lieber volle Karacho aufs Bremspedal, als ungebremst vor die Wand zu krachen. Also sollten wir endlich neu denken und mutig sein. Könnte ja richtig gut werden.
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2 comments
Danke für diesen Beitrag, liebe Nadine! So so wichtig. Ich befürchte allerdings, dass es der Bequemlichkeit halber ein weiter so geben wird. VG, Nicole
Liebe Nadine! Du hast so Recht. Wir haben allerdings erfolglos versucht die Stimmen der Großeltern zu gewinnen. Das war schon extrem deprimierend, weil man sich fragt, ob ihnen die ZUkunft ihrer Enkel so gar nicht am Herzen liegt. Zudem betrifft sie ein Wechsel eigentlich auch kaum noch. VG, Mandy