Alle Jahre wieder gibt es hier ein kleines Friendstravel-Interview mit Menschen, die ich besonders spannend finde. Heute hat mir die liebe Nina von the_tberg_family ein paar Fragen rund um ihr Leben in Beijing/ China beantwortet. Nina kenne ich nicht persönlich, folge ihr aber seit einiger Zeit auf Instagram und somit auch ihrem aufregenden Expat-Leben mit Mann und zwei Kindern in Peking. Sie macht das, was ich für mein Leben gerne mal für ein paar Jahre gemacht hätte: nicht nur Reisen, sondern auch mal für eine gewisse Zeit in einem Land leben, das eine völlig andere Kultur hat, als die unsere.
Da ich, außer in Hong Kong, noch nie in China war, ist das für mich in der Tat ziemlich exotisch und megaspannend. Spätestens seit ihren Bildern und Berichten ist China auf meiner Bucket-Liste jedenfalls ein ganzes Stück weiter nach oben gerutscht.
Hmmmm, wie fange ich am Besten an. Mein Mann und ich haben lange eine Wochenendbeziehung geführt. Nach 6 Jahren Pendelei war die Geburt unseres zweiten Kindes dann ein zusätzlicher Grund das endlich mal zu aendern. Während unseres Urlaubs kam dann überraschend ein Angebot nach China zu gehen und so kam eins zum Anderen.
Es hätte so gerne auch irgendwo anders auf der Welt sein dürfen. Als mein Mann das Angebot bekam, befassten wir uns zum ersten Mal intensiv mit dem „Projekt Ausland“. „Ich gehe mit dir ueberall hin, aber auf keinen Fall nach China“, war damals meine spontane Reaktion. Tja, aber warum eigentlich nicht? Mittlerweile bin ich froh, dass die Neugier und die Abenteuerlust grösser waren, denn mittlerweile leben wir hier seit 5 Jahren. Glücklich übrigens.
Ich finde es easy. Mein Mann arbeitet bei einem deutschen Automobilhersteller, die Kids gehen auf die deutsche Botschaftsschule. Es gibt deutsche Ärzte, Bäcker, Metzger und Restaurants. Die deutschsprachige Community ist riesig. Das ist besonders am Anfang natuerlich hilfreich und gibt Sicherheit. Sind wir deshalb ins Ausland gegangen? Nein, deshalb wohnen wir zumindest nicht „klassisch“. Hier wohnt man in sogenannten Compounds. Entweder in der Stadt, dann meist in Wohnungen oder in den Vororten in Häusern. Wir haben uns für eine Wohnung mitten in der Stadt in einem internationalen kleinen Compound entschieden. Meine Eltern beschreiben es folgendermassen: „Unsere Tochter wohnt mit ihrer Familie in einem Neubaugebiet am Times Square.“ Mittendrin, sehr familiär und vor allem international.
Unsere Kids (10 und 7 Jahre) gehen auf die deutsche Botschaftsschule in Peking. Die Beiden besuchen dort die Grundschule und fahren mit dem Schulbus dorthin. Der Unterricht findet auf deutsch statt und es wird nach dem Thüringer Lehrplan unterrichtet (auf der Nordhalbkugel gilt der Thüringer Lehrplan und auf der Südhalbkugel der Baden-Württembergische). Unsere Kinder sind bis 15.30 Uhr in der Schule, danach steht Fussballtraining, Hausaufgaben oder einfach spielen auf dem Programm.
Tja, gefuehlt gibt es hier keinen normalen Tag oder zumindest kommen wir nicht in so eine Art Alltagstrott. Vielleicht weil es hier auch nach 5 Jahren immer noch Neues zu entdecken gibt und die Stadt sich ständig wandelt. Manchmal vermisse ich meinen Job und diese Routine, andererseits bietet sich natürlich auch die einmalige Chance, sich neu zu orientieren. So habe ich z.B. ein Fernstudium im Grafikdesign gemacht und ein Fotografieseminar besucht. Nur ein paar der Dinge, die ich immer lernen wollte. Mein Kopf ist voller Ideen, aber mit der Umsetzung klappt es leider noch nicht so. Sonst helfe ich manchmal in der Schule, treffe mich mit Freunden zum Kaffee oder Mittagessen, entdecke unsere 22 Mio. Einwohner Metropole, gehe einkaufen, fahre die Kids von A nach B, kümmere mich um unsere Gäste und organisiere unseren Familienalltag. Und weisst du was, ich geniesse es sehr, da zu sein, wenn unsere Kids von der Schule nach Hause kommen.
Wir geniessen die Chance, hier leben zu koennen. Es ist eine unbeschreibliche Erfahrung. Hier ist irgendwie alles gefühlt viel intensiver. Das Essen, der Verkehr, die Menschen (-massen), das Wetter, die Kultur … . Jeden Tag lernen wir neue Sachen dazu, alles verändert sich wahnsinnig schnell. Mit was wir nicht zurechtkommen? Manchmal macht es die Sprachbarriere kompliziert. Ein oft diskutiertes Thema ist auch die Luftverschmutzung. Damit kommen wir meistens sehr gut zurecht. Die chinesische Regierung hat viele Massnahmen bereits umgesetzt und die Luftwerte stehen in keinem Vergleich mehr zu denen, als wir vor 5 Jahren hier eingereist sind.
Das ist eine oft gestellte Frage und jedes Mal hadere ich. Natuerlich vermissen wir unsere Familien und Freunde, sehr sogar. Doch gerade in unserem siebenwöchigem Sommerurlaub in Deutschland haben wir uns gegen Ende doch sehr nach unserem Zuhause gesehnt. Ist zu Hause gleichbedeutend mit Heimat? Wir haben die Kinder gefragt, ob sie Peking vermissen. Unsere Tochter hat fast täglich gefragt, wann wir wieder nach Hause fliegen. Unser Sohn antwortete, dass er seine Freunde vermisst, aber solange wir Vier zusammen sind, ist es ihm egal, wo wir sind. Also ja, wir vermissen Deutschland schon, aber unser zu Hause ist momentan definitiv Peking.
Wir waren schon in China, Vietnam, Taiwan, Kambodscha, Japan, Thailand, Hongkong und Südkorea unterwegs. Alle diese Länder und auch unsere Urlaube waren so unterschiedlich, dass wir uns wirklich auf keinen Favoriten einigen koennen. Allerdings fahren wir zum Jahresende wieder nach Australien, liegt zwar nicht in Asien, aber ist doch ziemlich „nah“ von uns aus und wir sind ganz schön verliebt in dieses Land.
Unsere Must-See Liste ist noch sehr sehr lang. Wir haben noch viel vor in China und auch Singapur, Malaysia, Indien und Sri Lanka stehen definitiv auf unserer Liste.
Da ist es wieder. Nach Hause. Wir fuehlen uns momentan hier in China zu Hause und wären nicht abgeneigt weiter zu reisen, falls sich die Chance ergibt.
Mehr über Nina, ihre Familie und ihr Leben in Peking gibt es auf ihrem Instagram Account the_tberg_family.
Weitere friendstravel-Interviews findet ihr hier und wenn ihr auch mal Lust auf ein kleines Interview auf Planet Hibbel habt, dann meldet euch gerne bei mir.
1 comment
Was für ein schönes Interview und ich ertappe mich beim Nicken denn uns geht es nach fast 6 Jahren in Neuseeland sehr ähnlich.