Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Beitrag überhaupt schreiben soll, weil er so ein großes Konfliktpotential mit sich bringt. Liest man sich Beiträge über unser Klima durch, kann einem glatt schlecht werden. Die Meinungen gehen mitunter ganz extrem auseinander und da wird dann in den Kommentaren z.T. gestänkert was das Zeug hält. Der eine hält den menschengemachten Klimawandel für Quatsch, der andere für die vorhergesagte Apokalypse. „Nach mir die Sintflut oder Hysterie“ ist hier die Devise (überspitzt ausgedrückt). Etwas dazwischen scheint es kaum zu geben. Dabei sollten wir doch besser vereint an einem Strang ziehen um unser Zuhause zu retten.
Extreme Eiszeiten und Hitzeperioden gab es auf der Erde schon immer. Für den jetzigen rasanten Anstieg des CO2 Haushaltes und seine Folgen sind jedoch eindeutig wir verantwortlich. Es wird also endlich Zeit zu handeln. Sofort und nicht erst in 10 Jahren! Viele Menschen denken: „Was soll ich kleine Wurst schon ändern?“ Der eine Flug, der eine Strohhalm, der eine Coffee-to-Go-Becher etc. Mal 83 Millionen (in Deutschland) sieht die Lage aber schon wieder etwas anders aus.
Willst Du Dein Land verändern, verändere Deine Stadt.
Willst Du Deine Stadt verändern, verändere Deine Straße.
Willst Du Deine Straße verändern, verändere Dein Haus.
Willst Du Dein Haus verändern, verändere Dich selbst.– arabisches Sprichwort –
Wir haben unendlich viele Probleme auf unserem Planeten und wenn man sich mit all diesen Themen beschäftigt, könnte man glatt verzweifeln. Daher geht es in meinem Beitrag nur um das Thema Reisen und Fliegen. Denn als hauptberufliche Reisebloggerin ist das eine Baustelle, die mich ständig bewegt.
Flugreisen sind das neue Rauchen!
Wurde man früher für die tolle Fernreise nach Mauritius oder das Wochenende auf Mallorca bewundert und beneidet, muß man heute eher mit Kritik und Stirnrunzeln rechnen. Und in Ansätzen muß ich dem auch zustimmen. Ich habe 8 Jahre für Air France und British Airways gearbeitet (und sogar noch die Concorde eingecheckt, ich Steinzeitfrau!) und beobachte ergo seit 20 Jahren, wie sehr sich Flugreisen verändern.
Früher war Fliegen noch etwas Besonderes. Die Menschen haben lange dafür gespart und man ist hin und wieder geflogen. Selbst ich habe mich mit meinen günstigen Staff-Tickets nicht so in den Flieger gesetzt, wie heute Lieschen Müller. Fliegen ist zum Massen-Billigtransport verkommen und die Konsequenzen sind indiskutabel. Der Flugverkehr wächst und wächst und hat 2018 weltweit einen neuen Rekordwert erreicht. Wurden 1997 noch 62 Millionen Passagiere in Deutschland gezählt, sind es heute 119 Millionen pro Jahr. Der Himmel brennt. Sich also ständig ins Flugzeug zu setzen, halte ich für ziemlich bedenklich.
Müssen wir nun alle komplett aufs Fliegen verzichten?
Nicht unbedingt. Denn manch ein Flug ist in unserer globalisierten Welt einfach alternativlos. Zudem macht der Flugverkehr nur 2,69 % des weltweiten CO2-Anstiegs aus. (Quelle: Klimaschutz Portal) Gründe für den weltweiten CO2-Anstieg gibt es en masse. Ob Mobilität, Internet, industrielle Landwirtschaft, Verbrennung fossiler Brennstoffe, das Abholzen der Wälder, unser Konsum, Fleisch usw. Wir leben seit Jahrzehnten auf zu großem Fuß und müssen sofort einen Gang zurückschalten, wenn wir nicht sehenden Auges in die Klimakatastrophe schlittern wollen.
D.h. also nicht, dass wir weiterhin munter durch die Weltgeschichte jetten können. Denn Fakt ist leider auch, dass ich mit einem Langstreckenflug meine grünen Bemühungen eines Jahres in die Tonne trete. Flugzeuge sollten daher wieder das werden, was sie mal waren: ein Luxustransportmittel. Zumindest solange bis die Luftfahrt es geschafft hat, Fliegen komplett CO2-neutral zu gestalten und alternative Antriebe und Kraftstoffe zu entwickeln. Dies ist aber noch Zukunftsmusik. Daher müssen wir jetzt Flüge einsparen, um die Erderwärmung abzubremsen. Dafür müssen Flugreisen u.a. wieder angemessen teuer und mit dem Gewinn Klimaschutzprojekte finanziert werden. Politik und Wirtschaft müssen hier endlich und sofort handeln. Denn mit freiem Verzicht werden wir nicht weit kommen. Solange Flugtickets z.T. günstiger als ein Busticket sind, wird sich der Mensch sicher nicht für das unattraktivere Modell entscheiden.
Reisen? Bitte unbedingt weiterhin! Aber anders.
Europa und Deutschland sind toll und man muß wahrlich nicht ans andere Ende der Welt reisen, um großartige Dinge zu sehen und zu erleben. Nichtsdestotrotz liebe ich aber auch Reisen in ferne Länder und finde, dass der Blick über den europäischen Tellerrand doch nochmal ein ganz anderer ist. Mal ganz davon abgesehen, hätte ein Fernbleiben von Touristen in manchen Ländern desaströse Folgen. Fernreisen sollten jedoch wohlüberlegt sein und ein seltenes Ereignis bleiben. Genauso wie der Wochenendtrip per Flugzeug nach Paris, London oder Barcelona. Und auch Kurzstrecken innerhalb Deutschlands sollten bestenfalls mit der Bahn zurückgelegt werden. Ich finde es aber nicht verwerflich, wenn der Durchschnittsbürger nach wie vor seine lang ersehnte Urlaubsflugreise macht. Es gibt de fakto Ziele, die man nicht in 2 Wochen mit der Bahn oder dem Auto erreichen kann. Und ich halte es auch für nicht nachhaltig, wenn nun 83 Millionen Deutsche nur noch an der Ostsee oder am Chiemsee urlauben. Es gibt jetzt schon deutsche Touristenorte, die völlig überlaufen sind und ihre Kapazität erreicht haben.
Ich habe jahrelang fürs Reisen mit Kindern plädiert und stehe auch nach wie vor dazu. Aber Kindergartenkinder müssen noch nicht alle Kontinente bereist haben. Die Entwicklung finde ich hier ebenfalls fragwürdig. Wer was auf sich hält und es sich leisten kann, jettet mit seinen Kindern oft und gerne um die ganze Welt. Man möchte ihnen logischerweise was bieten und die Welt zeigen. Dabei wird jedoch übersehen, dass man ihnen damit ein Grab schaufelt. Es ist ein totales Paradoxon, was hier geschieht. Denn eigentlich möchten Eltern ihren Kindern natürlich nicht einen unbewohnbaren Planeten hinterlassen.
Ich bin fürs Klimafasten! Und Flugfasten!
Und das nicht nur für ein paar Wochen, sondern dauerhaft und in allen Lebensbereichen. Und ich bin btw nicht in der Kirche, mag aber den Begriff. In Bezug aufs Fliegen bedeutet das, dass wir wohlüberlegt fliegen und auch andere Verkehrsmittel bzw. Arten zu Reisen in Betracht ziehen sollten. Kürzlich habe ich auf Instagram Stories dazu eine kleine Umfrage gemacht und 85 % waren der Meinung, das es nicht mehr angebracht ist, zig Flugreisen pro Jahr zu machen.
Ich habe dieses Jahr z.B. sehr günstige Flüge oversea nicht gebucht, weil wir erst letzten Herbst in Malaysia waren. Es kam mir absolut nicht angemessen vor, schon wieder eine Fernreise zu machen. Ich habe dafür einen Familienflug auf eine europäische Insel gebucht und kompensiere den CO2-Verbrauch bei Atmosfair. Ich wähle Jobs sorgfältig aus und sage sie z.T. auch ab, wenn der Flug in keiner Relation zur Zeit vor Ort steht. Wenn sich ein Flug (wie bei meiner kürzlichen Pressereise nach Guernsey) nicht vermeiden lässt, zahle ich die atmosfair-Kompensation aus eigener Tasche. Wir reisen dieses Jahr hauptsächlich mit unserem Auto, aber auch der Bahn. Das ist für manch einen nicht gut genug und nicht perfekt. Ein kompletter Verzicht ist aber nicht zu schaffen und für mein Empfinden, auch nicht der richtige Weg.
Ich möchte an dieser Stelle nochmal anmerken, dass es hier nicht um Gut oder Böse, Schwarz oder Weiß geht. Ich habe in meinem Leben soviel CO2 verbraten, dass es wahrscheinlich für 1000 Leben reicht. Daher möchte ich auch nicht, dass mein Post wie der mahnende Zeigefinger von Frl. Rottenmeier rüberkommt. Ich teile hier lediglich meine Gedanken, Sorgen und Pläne zu diesem Thema. Ich freue mich über konstruktiven Input von euch, bitte aber darum auf destruktive oder verletzende Kommentare zu verzichten. Damit ist niemanden und erst Recht nicht unserem Planeten geholfen. Danke!
10 comments
Liebe Nadine,
Danke für den Beitrag. Auch ich finde es ein ganz wichtiges Thema. Ich bin quasi seit vier Jahren jetzt auf Dauerreise, dennoch hat sich vor allem mein Flugverhalten grundlegend geändert. Warum? Weil meine Homebase jetzt in Asien ist und ich genau hier die katastrophalen Folgen der Klimaveränderung vor der Haustür habe. Für mich zählt die Devise, kann ich mein Ziel auf dem Landweg erreichen Dann tue ich es auch. Ich finde es nicht nur nachhaltiger, sondern auch authentischer. Hinzu kommt, dass ich mich als Europäerin auch irgendwie als Bildungsbeauftrage sehe was die Umweltverschmutzung angeht. So fahren mein Sohn und ich beispielsweise im Dritte Klasse Zug durch Thailand und sammeln den Müll der reisenden Einheimischen ein bevor sie diesen aus dem Fenster schmeißen können. In vielen Bereichen mangelt es hier einfach an Wissen und ich freue mich über jeden kleinen Erfolg. Sicher nur ein Tropfen auf den heißen Stein aber meiner Meinung nach ein Weg in die richtige Richtung. Bitte mach weiter so und du hast durch deinen Blog eben auch die Möglichkeit, dir Gehör zu verschaffen. Schon kleine Dinge können etwas bewirken.
Liebe Grüße aus Malaysia
Liebe Stephie! Wie ich schon auf FB schrieb, finde ich es ganz großartig was ihr macht. Es ist wichtig, dass Umweltschutz in Malaysia und dem Rest Asiens thematisiert wird. Noch haben die meisten Menschen dort keinen Bezug zu dem Thema. Aber mit steigender Bildung und Wohlstand, wird sich das auch ändern. Leute wie Du, helfen sehr dabei. GlG nach Penang, Nadine
Ja, ich teile deine Meinung da völlig! Und natürlich geht es nicht ums mahnen oder völligen Verzicht als das einzig wahre. Aber wenn Menschen nach Berlin fliegen, ohne sich auch nur einen Gedanken zu machen, dann ärgert mich das. Weil es unnötig ist und die Alternativen absolut tragbar sind. Das gilt ja auch in vielen anderen Bereichen.
Das arabische Sprichwort ist sehr schön und im Prinzip eine man es all denen sagen, die meinen, einer allein ändert ja eh nichts. Also kann man einfach weiter machen…Das ist halt auch bequemer.
Wie reisen übrigens auch trotzdem. Aber nicht so oft und praktisch gar nicht mehr mit Flugzeug (wir waren auch schon mehr als genug damit unterwegs). ?
Liebe Reta! Manchmal lassen sich Inlandsflüge echt nicht vermeiden. Aber klar, Berlin / München ist eine Strecke die mit der Bahn sehr gut machbar ist. Allerdings kann man das ggfs. dann nicht an einem Tag machen. Ich hatte letztens z.B. eine Einladung für ein Event in München (ohne Übernachtung) im Postfach. Habe ich abgesagt, weil ich die Strecke u.a. nicht an einem Tag mit der Bahn geschafft hätte. Ärgern tun mich aber Leute, die innerhalb eines Jahres die 4. Fernreise oder das xte Kurzwochenende in einer eruropäischen Stadt machen. Das sind absolute Luxusreisen, die dem Klima einfach schaden. Das ist dann dieser „Nach mir die Sintflut“ Gedanke, den ich einfach nicht nachvollziehen kann. Solche Leute sitzen dann aber auch im dicken SUV und essen jeden Tag ein Steak. Wie gesagt, es geht nicht darum das Fliegen nun allen Menschen zu verbieten. Aber der Mensch muß auch mal wieder ein Verhältnis zu seiner Umwelt bekommen. Wir sind auch Natur. Das vergessen halt viele. LG, Nadine
Ja und Amen zu allem, was du sagst! Ich finde es richtig gut, dass du dich so „outest“, und werde deinen Beitrag gern in meinem zum selben Thema verlinken. (Was meinst du denn, was ich mir schon allein im Bekanntenkreis anhören darf – weil wir schon zweimal in Neuseeland waren und damit quasi die CO2-Teufel sind, dürfen wir weder davon erzählen, dass wir kein Auto mehr haben noch zum Umsteigen auf Biofleisch ermuntern…)
Aber eine Frage muss ich noch loswerden: Wer ist Fräulein Rottenmeier?
LG
Jenny
Liebe Jenny! Hast Du einen Beitrag zu dem Thema? Dann gerne her mit dem Link. Dann packe ich den mit hier rein. Und ja, ich kann mir gut vorstellen, dass ihr es oft nicht leicht habt. Natürlich machen Biofleisch und kein Auto eure Flugreisen nach NZ nicht wieder gut. Man muß ja ehrlicherweise auch zugeben, dass all die grünen Bemühungen über das Jahr hinweg, völlig für die CO2-Tonne sind, wenn man einen Langstreckenflug macht. Aber das ist zu kurz gedacht. Denn mit dem Verzicht aufs Auto oder Fleisch packt ihr dafür andere Umweltprobleme wieder an. Die Welt hat ja nicht nur ein CO2-Problem. Unsere Verkehrslage ist eine Katastrophe und der übermäßige Fleischkonsum ist einfach nur entsetzlich für die Tiere. Mich erinnern die Tiertransporte immer an die Deportation nach Auschwitz. Grauenvoll! Der Mensch ist eigentlich echt ein Monster. Und guck mal Heidi mit Klein J.! 😉 Vielleicht gab es die Serie im Osten früher nicht. LG, Nadine
Hallo Nadine,
auch von mir volle Zustimmung!! Das Verzichten aufs Fliegen fällt mir dank Camper gar nicht schwer. Und die Vorbereitungen auf unseren Flug am Samstag nerven mich schon wieder so sehr, dass ich jetzt schon keinen Bock mehr aufs Fliegen mit Kindern habe. Vielleicht sind diese Kindersitz-mit-ins-Flugzeug-nehmen-Probleme ja sogar eine Taktik der Airlines, um das Klima zu schonen 😀 Nee, im Ernst, ich bin kein Fan vom Fliegen, und wie du sagst, darf das gerne wieder ein Luxustransportmittel werden. Diese „mir gehört die Welt“-Haltung, die vielen weltreisenden Familien, ich finde die Entwicklung auch schwerst bedenklich. Daher finde ich es so wichtig, dass immer wieder solche Beiträge geschrieben werden — danke!!
LG, Nicole
P.S.: Jenny, guck mit deiner Jüngsten mal „Heidi“ 😉
Liebe Nicole, wenn endlich mal das Beamen erfunden werden würde, könnte ich eindeutig auch auf das Fliegen verzichten. Auch wenn die Aussicht auf unsere Erde jedesmal aufs Neue Gänsehautfeeling erzeugt. Und gegen weltreisende Familien habe ich nichts. Wenn sich jemand für mehrere Monate mit seiner Familie aufmacht, um die Welt zu sehen, finde ich das super. Würde ich auch sofort machen. Problematisch finde ich allerdings die vielen Trips hintereinander. 2-4 Fernreisen pro Jahr und zig mal Mittelstrecke übers Wochenende? Muß das echt sein? Das sind natürlich Ausnahmen und die wenigsten können sich Reisen in solchem Ausmaß leisten. Aber gerade diese Leute haben auf IG oft viele Follower, machen Werbung für diese Art des Reisens und erzeugen Neid und Auch-Haben-Will-Feeling bei den Leuten. Und das finde ich absolut nicht mehr angebracht. Das ist ja dann ein Schneeball-Effekt. Und Schwarzwald stinkt halt gegen Südafrika total ab. GLG, Nadine
Liebe Nadine,
ich bin durch puren Zufall hier gelandet und finde Deine Meinung zu diesem Thema, genauso wie Du es schreibst richtig! Denke wenn wir uns alle, in allen Bereichen des Lebens, so verhalten würden, dann würden allein 83 Millionen in Deutschland richtig was bewirken! Vielleicht hilft dabei auch die Erkenntnis, dass weniger als 10% der Weltbevölkerung überhaupt nur fliegt. Finde da relativieren sich auch die „nur“ 2,69%, die das Fliegen insgesamt zum Anstieg des CO2 weltweit beiträgt. Dein Zitat beschreibt uns sehr gut wie es funktioniert! Wünsche mir mehr Blogger mit dieser Erkenntnis, die dann ihre Vorbildfunktion nutzen und zum Umdenken anregen! Vielen Dank für Deinen Beitrag zu diesem Thema, lG Beata
Vielen Dank, liebe Beata! Das nur 10 % der Weltbevölkerung fliegen wusste ich noch nicht. Das kann man sich bei den immensen Flugzahlen kaum vorstellen. Aber natürlich gibt es dafür Menschen die mind. zweimal die Wochen im Flieger sitzen. Das reißt dann ein riesiges Loch rein. Ich wünsche mir persönlich viel mehr Zusammenhalt bei der Rettung unseres Planeten. Derzeit hat man ja eher das Gefühl, das es ein Kampf Jeder-gegen-Jeden ist und so am Ende alle als Verlierer aus der Sache rausgehen. Ich versuche einfach nur vor meinem eigenen Haus zu kehren. GlG, Nadine